Prozess Kanu-Unfall auf der Wupper: Freispruch für Tourguides
Wuppertal · Im August ertrank eine 47-Jährige in der Wupper – plötzlicher Anstieg des Pegels war nicht vorhersehbar.
Im Prozess um den tödlichen Kanuunfall auf der Wupper sind die beiden Angeklagten, 34 und 65 Jahre alt, freigesprochen worden. Das Amtsgericht Solingen sah es nicht als erwiesen an, dass die beiden Begleiter der Kanutour den Unfall hätten vorhersehen können. Genau diese Vorhersehbarkeit ist vor Gericht ein wesentliches Merkmal für den Straftatbestand der fahrlässigen Tötung. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger der Männer hatten zuvor für die Freisprüche plädiert.
Vor dem Solinger Amtsgericht wurde der Unfallhergang am zweiten und letzten Prozesstag noch einmal beschrieben. Eine 47-Jährige war demnach am 12. August 2023 bei der geführten Tour mit zwei Kanus und fünf Teilnehmern am späten Nachmittag zwischen Kohlfurth und Müngsten mit ihrem Boot unter einem Baumstamm eingeklemmt worden. Die Tour-Guides hatten beide Kanus zu einer Art Katamaran verbunden, wohl als eine Art Sicherheitsmaßnahme. Ein Kanu ist dann aber mit einem Baumstamm kollidiert und das Gespann kippte um. Vier Teilnehmer konnten sich retten.
Die 47-Jährige hatte zunächst noch den Kopf über Wasser halten können. Ausgerechnet zum Zeitpunkt des Unfalls stieg die Wupper in Höhe der Solinger Ortschaft Papiermühle jedoch stark an, sodass die 47-Jährige unterging. Der 34-jährige Angeklagte hatte in seiner Aussage erklärt: „Dann ging es sehr, sehr schnell. Ich wollte sie lösen, aber das Wasser stieg sehr, sehr schnell an. Ich habe immer wieder versucht, sie rauszuziehen und ihren Kopf über Wasser gehalten. Plötzlich war sie dann verschwunden.“
Als sie die bereits bewusstlose Frau wiederfanden, hätten sie sie ans Ufer gezogen. Eine Verwandte habe eine Herzmassage gestartet und er den Notruf gewählt. Der Rettungsdienst sei aber an der falschen Uferseite erschienen und habe einen weiten Umweg fahren müssen, um zu ihr zu gelangen. Das habe Minuten gedauert.
Gutachten weist Anstieg der Wupper nach
Genau diesen Anstieg des Wupperpegels hatte Gutachter Holger Schüttrumpf vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der RWTH Aachen in einem Gutachten nachgewiesen. „Hätten die Angeklagten vorhersehen können, dass es zu diesem Zeitpunkt eine solche Welle geben würde? Das hätten sie nicht“, stellte Staatsanwalt Carsten Beck fest. Das Gutachten habe außerdem gezeigt, dass die Wupper zwar mehr Wasser geführt habe, aber keinen wesentlich höheren Wasserstand hatte als bei einer Tour am Vormittag.
Ursächlich für den plötzlichen Anstieg waren starke Regenfälle im Lauf des Tages. Für Solingen hatte es an jenem Tag Unwetterwarnungen gegeben. Ein Umstand, der eigentlich für eine Absage der Tour hätte sorgen müssen. Das wäre aber Sache des Unternehmens gewesen, nicht der Tourguides, hatte der Richter bereits am ersten Prozesstag erklärt. Auch die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass eine Absage der Tour vom Unternehmen hätte ausgehen müssen.
Rechtsanwalt Christian Klinkhammer, der die minderjährige Tochter des Opfers vor Gericht als Nebenklägerin vertritt, kündigte an, zivilrechtliche Ansprüche zu prüfen. Er ließ allerdings offen, ob das gegen die Guides oder das Unternehmen geschehen soll. Die Firma, bei der das Opfer und ihre Familie die Kanutour gebucht hatten, kommt nicht aus Solingen.