Karfreitags-Prozession: Jesus im verschneiten Elberfeld
Trotz der Wetterkapriolen erlebten Karfreitag mehr als 2000 Besucher die Leiden Christi der italienischen Mission.
Wuppertal. Schnee fällt in dicken Flocken vom Himmel. An diesem Karfreitag herrschen in Wuppertal Minustemperaturen. Dicht gedrängt stehen mehrere hundert Menschen um den Deweerth’schen Garten herum. Mit Regenschirmen in den Händen, eingepackt in Wintermäntel, Mützen und Handschuhe nehmen sie am Leiden Christi teil. Angesichts des Wetters ist es in diesem Jahr wie ein doppeltes Leiden. Jesus-Darsteller Gerlando Galluzzo lässt sich nichts anmerken: Als ihn die Römer verhaften, wirft er sich mit nackten Knien in den Schnee. Stille.
Die Darsteller der katholischen italienischen Gemeinde spielen mit sichtbarem Atem gegen die ungewohnte März-Kälte an. Mit nackten Füßen in ihren Sandalen und leichten Gewändern ziehen sie durch Elberfeld. „Der arme Jesus“, sagt Roswitha Rücher. Auch Hermann Kiehn bemitleidet die Darsteller: „Die tun mir leid. Das ist doch bizarr mit dem Schnee.“ Gegen die Kälte haben sich die Darsteller unter anderem mit Salbe gewappnet. „Hoffentlich hat der liebe Gott Gnade mit mir“, hatte Gerlando Galluzzo noch vor dem Start der Prozession gesagt.
Bei der Verurteilung Jesu durch Pontius Pilatus vor der Laurentiuskirche hört es auf zu schneien. In einem Kreis beten die Zuschauer auf Italienisch und Deutsch gemeinsam das „Vater unser“.
Christof Hörle ist das erste Mal mit seiner Tochter Sarah bei der Prozession. Auf den Schultern ihres Vaters beobachtet sie das Geschehen. Auch Emmanuel Leo (4) fragt seinen erwachsenen Cousin Antonio immer wieder nach der Bedeutung Jesu und warum, die Römer so böse seien: „Er weiß zwar, dass es sich hier nur um eine Darstellung handelt, aber wenn es gleich zu brutal wird, müssen wir gehen“, stellt seine Mutter Sabine klar.
Auf der Hardt warten schon viele Wuppertaler, um sich den besten Platz — so nah wie möglich am Kreuz — zu sichern. Von Weitem sind die Gesänge der Jünger zu hören. Viele Menschen haben sich Jesus, der das Kreuz trägt, angeschlossen und folgen ihm die Hardt hinauf. Einige haben ihren Kopf gesenkt, andere unterhalten sich leise mit ihrem Nachbarn oder entlocken den Apostel-Darstellern mit einem kleinen Scherz ein Schmunzeln.
Auf dem Hügel — in der Nähe des Botanischen Gartens — liegen die Kreuze bereit. Sie auf dem verschneiten Boden aufzustellen, ist keine einfache Aufgabe für die Römer in Sandalen. Es bleibt nicht aus, dass der ein odere andere Darsteller ausrutscht. Das wird überspielt. Denn im Mittelpunkt stehen die Kreuzigung und die letzten Atemzüge Jesu.
Es ist soweit: Vor den gut 2000 Zuschauern auf der schneeweißen Hardt ruft Jesus zu Gott — und sackt zusammen. Der polnischen Benedictus-Chor singt: „Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen?“ Was für ein Schauspiel.
Gerlando Galluzzo und seine Darstellerkollegen sind erschöpft, aber glücklich. Jetzt freuen sie sich auf eine heiße Tasse Tee, die vorgeheizten Autos und die bevorstehenden fröhlichen Ostertage.