Keine Einigkeit beim Mietspiegel

Die einen sind positiv überrascht, andere unzufrieden und kritisieren Details. Für die Stadt bedeutet das Zahlenwerk Mehrausgaben.

Foto: Fischer, A. (f22)

Wuppertal. Seit 1. März gibt es wieder eine offizielle Vergleichstabelle für ortsübliche Mieten in der Stadt. Darin gibt es Durchschnittsmieten für Standardwohnungen in verschiedenen Altersklassen sowie Zu- und Abschläge für Besonderheiten wie ein Gäste-WC (+ 18 Cent) oder Heizung mit Einzelöfen (- 21 Cent). Erarbeitet hat diese Tabelle — nach einer Befragung der Vermieter durch ein wissenschaftliches Institut — ein Arbeitskreis aus Vertretern von Mietern und Vermietern, der Stadt und des Gutachterausschusses für Grundstückswerte.

Wie funktioniert das neue Zahlenwerk in der Praxis? Es bekomme „mürrische Zustimmung“, so formuliert es Hermann-Josef Richter, Vorsitzender des Vermieterverbands Haus und Grund Wuppertal und Umgebung. Es „spiegelt das wieder, was die Hausbesitzer gemeldet haben.“ Entscheidend seien die Zuschläge. „Ich denke, die Staffelung ist gelungen.“ Er hofft, dass sich jetzt der Markt belebt und Hausbesitzer wieder investieren. Wichtig sei, dass nun alle zwei Jahre ein Mietspiegel erstellt werde.

Abwartend bleibt Klaus Riske vom Verband Haus und Grund Wuppertal und Umland. Zwar sei der neue Mietspiegel breit akzeptiert, aber die Steigerungen reichten noch nicht, um zu investieren. Unzufrieden ist er, dass ein Balkon nun nicht mehr als Standard gilt, sondern 20 Cent Aufschlag rechtfertige. Das führe zu Diskussionen bei Mietern, deren Mieten das Jobcenter zahlt: „Da wollen wir noch mal ins Gespräch kommen.“

Den Zuschlag für Balkone hält auch Andreas Wiemann vom Mieterbund für problematisch: „Das ist ein Nachteil für Mieter.“ Andererseits gebe es nun Abzüge, wenn der Bodenbelag fehle. „Der neue Mietspiegel ist insgesamt differenzierter“, zieht er Bilanz. „Er ist ein gutes und solides Instrument“. Noch habe der Mietspiegel auch nicht viele Mieterhöhungen hervorgerufen: „Das ist nur teilweise so.“

Das hat auch Jutta Hüppop, Rechtsanwältin vom Bergischen Mieterring, positiv überrascht: „Wir haben noch gar nicht so viele Mieterhöhungen bekommen.“ Es sei aber zu früh für eine grundsätzliche Bewertung. „Es ist auf jeden Fall gut, dass wir den Mietspiegel haben.“ Zuletzt hätten Vermieter bei Mieterhöhungen Vergleichswohnungen angegeben, die oft gar nicht vergleichbar gewesen seien. Für die Praxis wünscht sie sich, dass die Karte im Internet, die die Abstufung der Wohnlagen zeigt, auch eine Funktion zur Adressensuche erhält.

Nachfragen bei Vermietern ergeben, dass durchaus an Mieterhöhungen gedacht wird, es gebe Nachholbedarf. Ein wenig Enttäuschung lässt Heike Purpur von Immobilien Frank Müller durchblicken: „Ich hätte mir einen Mietspiegel gewünscht, der nicht so abgedämpft ist, aber wir kommen damit zurecht.“ Sie sehe auch, dass dahinter positive Absichten für die langfristige Entwicklung der Stadt stecken.

Grundsätzlich froh über einen aktuellen Mietspiegel ist Thomas Lenz, Chef des Jobcenters. Denn wenn der Streit um Mieten zu oft vor Gericht lande, „ist das natürlich nicht gut“. Dabei werde selbst der leichte Anstieg der Mieten über Grundsicherung und Arbeitslosengeld II die öffentlichen Kassen deutlich belasten. Denn die von Jobcenter und Stadt akzeptierte Miete orientiert sich am Mietspiegel. Galt bisher zum Beispiel für eine mittlere Wohnung 4,85 Euro pro Quadratmeter als angemessen, sind es nun 5,11 Euro. „Bei 115 Millionen Euro Kosten für die Unterkunft im Jahr liegen wir bei einer Steigerung von einem Prozent schon bei mehr als einer Million“, macht er deutlich. Das wirke sich jedoch nicht sofort aus, sondern erst durch Mieterhöhungen und Umzüge.