Klassentreffen: Vor 60 Jahren Abitur am Dörpfeld

Wuppertal. Sie gehören zur Generation, die noch den Rohrstock als Erziehungsmethode erduldet und sich angewöhnt hat, tiefschürfende Gedanken mit einem lateinischen Zitat abzuschließen.

„Manus manum lavat“, stellt also Klaus Werner in den Raum: Eine Hand wäscht die andere. Gegenseitige Rückendeckung sei die herausragende Qualität einer Schulklasse gewesen, die vor 60 Jahren am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium das Abitur ablegte und sich am Freitag zum Jubiläum in der alten Penne traf.

Freilich war es nicht der wahre Ort des damaligen Abiturgeschehens, denn das Gymnasium war am 15. Oktober 1945 in eine Notbleibe an der Straße Mäuerchen verlegt worden. Erst nachdem die elf Herren, die sich jetzt zum Wiedersehen trafen, ihr Abi in der Tasche hatten, erfolgte im April 1955 der Umzug in das neue Haus am Johannisberg. Sehr primitiv sei es am Mäuerchen zugegangen, erinnerten sich die Ex-Pennäler. Dem Spaß tat das keinen Abbruch.

Während die Häuser ringsum noch in Trümmern lagen, erstand ganz in der Nähe der Neubau für das „Apollo“, das als Kinobetrieb für Ablenkung vom tristen Alltag sorgte. Dorthin verdrückten sich die Schüler heimlich während der Unterrichtszeit, um den ruchlosen Film „Die Sünderin“ mit Hildegard Knef zu sehen. Mädchen gab es damals an der Schule nicht, die Gymnasiasten waren allesamt katholische Jungen. 16 von ihnen leben noch, elf machten sich auf den Weg zum Klassentreffen.

Für einige war das eine lange Reise: Karl-August Möhle lebt inzwischen in Hannover, Hermann-Joseph Pompino in Starnberg. Pompino und Möhle sind zwei von sieben aus der Klasse, die es bis zum Professor geschafft haben. Möhle räumt allerdings ein, man müsse bei dieser Leistung berücksichtigen, dass die Vorkriegsgeneration stark dezimiert worden sei und zumindest in den Naturwissenschaften noch kaum weibliche Konkurrenz bestanden habe. Unterdessen finden sich illustre Namen im alten Klassenverbund, unter ihnen Will Baltzer, der als Architekt den Umbau der Historischen Stadthalle betreute.

Zu anderer stolzer Leistung gelangte Till Söling, der Organisator des Treffens. Gemeinsam mit Hanns Spickhoff machte er im Jahr der Bombenangriffe 1943 die Schulverlegung nach Gera mit, war später 16 Jahre lang in der Schulpflegschaft tätig und blickt heute auf eine weit verzweigte Familie mit 90 Nachkommen. Dem Kollegium von einst bescheinigt Söling „Feuerzangenbowlenwürdigkeit“. Skurrile Gestalten habe es unter den alten Lehrern gegeben, aber auch solche mit einer dunkelbraunen Vergangenheit.