Komasaufen: Sind Platzverweise das geeignete Gegenmittel?

Immer mehr Jugendliche trinken sich ins Krankenhaus. Politiker fordern öffentliche Trink-Verbote — und stoßen auf Skepsis.

Wuppertal. Meist beginnt es mit ein, zwei Bier oder Wodka-Mix vor einem Party-Besuch — „vorglühen“ nennen junge Leute diese inoffiziellen Trinkgelage, bei denen jeder, der an Alkohol rankommt, etwas mitbringt. Und für manchen endet ein Abend, der so anfängt, dann im Kampf um Leben und Tod in der Notaufnahme.

Professor Stefan Wirth, Arzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Wuppertaler Helios-Klinikums, kennt diese Fälle des sogenannten Komasaufens zur Genüge. Etwa 90 Jugendliche pro Jahr werden bei Helios mit Alkoholvergiftungen eingeliefert. „Vor fünf Jahren waren es nur noch halb so viele“, sagt der Mediziner über die Patienten. Sie seien zwischen 13 und 17 Jahre alt, Jungen ähnlich häufig vertreten wie Mädchen. „Die ersten Kinder fangen heute schon mit neun Jahren an zu probieren“, so Wirth — etwa ab dem Alter von zwölf werde dann regelmäßig Alkohol getrunken.

Solche Trends haben nun die Landespolitik auf den Plan gerufen: Die CDU in Nordrhein-Westfalen will Trinkgelage vor allem Jugendlicher in der Öffentlichkeit künftig konsequenter eindämmen und daher die Kommunen ermächtigen, punktuelle Alkoholverbote für öffentliche Trink-Schwerpunkte auszusprechen. Gestern war der Vorstoß Thema im Landtag — bei der Stadt Wuppertal stößt er auf Skepsis.

„Ein generelles Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen hält die Stadt nicht für richtig“, sagt Stadtsprecherin Martina Eckermann auf WZ-Nachfrage — und verweist darauf, dass man dann etwa auch den bei Hochzeitspaarten beliebten Umtrunk nach der Trauung auf dem Johannes-Rau-Platz verbieten müsste. Auch ein punktuelles Verbot nur für bestimmte Plätze — etwa für die Alte Freiheit oder den Berliner Platz — hält die Verwaltung für wenig zielführend, so Eckermann: „Das bringt nichts als Verdrängungs-Effekte.“ Wer trinken wolle, ziehe einfach eine Straße weiter.

Um gegen übermäßiges öffentliches Trinken von Jugendlichen vorzugehen, seien die bestehenden Jugendschutz-Regelungen ohnehin ausreichend, betont Eckermann. Das bestätigt Carsten Vorsich vom Ordnungsamt: „Jugendschutz-Kontrollen gehören bei uns zum täglichen Geschäft.“ Dazu kämen etwa einmal im Monat Schwerpunkt-Kontrollen zum Jugendschutz — etwa im Umfeld bekannter Kneipen und Diskos, an Treffpunkten wie der Hardt oder auch in bei Jugendlichen beliebten S-Bahn-Linien zur Ausgeh-Zeit.

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht aus Sicht von Vorsich und Eckermann ohnehin nicht durch bloßen Alkoholkonsum, sondern durch etwaige Folgen wie Pöbeleien oder Randale. Eckermann: „Dagegen können wir auch jetzt schon vorgehen.“ Gegen exzessiven Alkohol-Konsum setzt die Stadt eher auf Aufklärung und Präventionsarbeit. Ähnlich sieht es Stefan Wirth in Bezug auf Jugendliche: Ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol sei wichtiger als ein Umgang, der nur auf Verboten beruhe.