Angelika Zöllner: Die Stimme aus der Stille

Die zurückhaltende Schriftstellerin mag keinen Rummel. Zurzeit entsteht ein Roman.

Wuppertal. Die A 46 ist frisch prämiert. Nicht etwa, weil sie wegen der permanenten Staus einen Spitzenplatz bei den Verkehrsmeldungen einnimmt, sondern weil Angelika Zöllner ihre Geschichte, die Begebenheiten um einen türkischen Lastwagenfahrer aus Wuppertal thematisiert, beim Literaturpodium eingereicht hat und den ersten Preis abräumte. "Da war ich selbst ganz überrascht", sagt die Schriftstellerin und staunt.

Die geschriebene Sprache ist ihr Medium. Bereits mit neun Jahren textete Zöllner ein Romanfragment. "Die Bösen bekamen Namen von Leuten, die ich nicht mochte", erinnert sich die fünffache Mutter, die 1948 in Rheingau geboren wurde und seit 1980 in Wuppertal lebt. Denn Zöllner war damals ein schüchternes Mädchen: "Schreiben war immer besser als reden zu müssen." In dieser literarischen Welt aber findet sie die richtigen Worte.

Allerdings blieben ihr bei Familie und Job zunächst kaum Zeit, so kreativ zu sein, wie sie es gerne gewesen wäre: "Also schrieb ich immer nur so ein bisschen nebenbei." Der Tod ihres Großvaters inspirierte sie dazu, diesen Verlust in einem Gedicht zu thematisieren. "Das schickte ich an die Zeitung ‚Sprachgitter’." Nichts passierte, ein Jahr später wurde ihr Gedicht gedruckt und gab den Impuls: "Jetzt machst du das ernsthaft."

Wie leben Menschen miteinander, wie sind Strukturen und Bindungen? Das sind die sie bewegenden Motive: "Ich wollte nie nur oberflächlich dichten. ‚Der Tannenbaum glänzt’ ist mir zu wenig. Das Reizvolle ist, in die Tiefe zu gehen." Und so handeln ihre Geschichten von den Dingen des Lebens, von der Auseinandersetzung mit christlichen Tugenden und immer wieder sozialen Aspekten wie der Gleichberechtigung unterschiedlicher Menschen.

Zurzeit arbeitet die studierte Sozialarbeiterin an einem Roman. "Wenn das Gras schweigt" - so lautet der Arbeitstitel. Ein Germanistikstudent schafft seinen Abschluss, aber weil sich seine Freundin einem Kunstprofessor an den Hals wirft, überdenkt er sein Leben neu und reist. "Unter anderem nach Rhodos, da kenne ich mich gut aus", sagt Zöllner.

Verschiedene Stipendien führten die erfolgreiche Schriftstellerin auf die griechische Insel. Reisen inspirieren Zöllner, auf die Idee mit dem türkischen LKW-Fahrer in "A46" kam sie nach den Osterferien, die sie in die Türkei geführt hatten: "Dort traf ich einen deutsch-persischen Verkäufer."

Was ihm Dramatisches passierte - der Schwager wurde in Tübingen erschossen -, ist die Basis ihrer Erzählung. "Jammern können wir jeder für uns alleine, deshalb schwingt in meinen Geschichten auch immer Hoffnung mit", beschreibt sie einen wesentlichen Aspekt ihrer Arbeit.

Am besten kann sie sich in absoluter Stille konzentrieren. "Am liebsten arbeite ich morgens, wenn ich alleine bin", verrät Zöllner. Rummel mag das einst so schüchterne Mädchen, aus dem eine vielseitig interessierte, aber doch überaus zurückhaltende Frau geworden ist, noch immer nicht. Die besten Worte findet sie in der Stille. Selbst über eine lärmende Autobahn.