Ausstellung: Trügerische Idylle der Kriegsbilder
Sabine Moritz, Frau des Künstlers Gerhard Richter, zeigt in Wuppertal Gemälde mit rätselhaften Helikoptern und düsteren Rosen.
Wuppertal. Immer ist Krieg, irgendwo auf der Welt. Gerade brodelt es auf der Krim. Doch Bilder vom Krieg sind selten in der zeitgenössischen Kunst.
Etwas verwundert steht man also in der Von der Heydt-Kunsthalle in Wuppertal-Barmen und schaut auf die Helikopter, Kriegsschiffe und Lastwagen in Tarnfarbe, die Sabine Moritz auf ihren Ölbildern in Dunst und Nebel hüllt. Nirgendwo herrscht klare Sicht oder heller Sonnenschein. Selbst auf den Blumenbildern der Kölner Malerin — Rosen, Lilien, Glockenblume — bleibt die Farbpalette düster.
Worum geht es letztlich auf diesen Seestücken, in diesen Kriegsszenen? Die unwirklich wirkende Unschärfe kann ebenso eine trügerische Ruhe wie eine akute Bedrohung transportieren. Auf dem Werk „Das Kopftuch“ steht ein Soldat mit Pistole in der herunterhängenden rechten Hand hinter einer Frau, die über einem braunen Mantel ein helles Kopftuch trägt. Sie blickt hinunter auf eine Ebene, seine linke Hand liegt auf ihrem Nacken — sind das die letzten Momente vor der Exekution, oder hat der Uniformierte die Frau womöglich gerettet?
Sabine Moritz hat dieses Bild — und die anderen auch — so angelegt, dass es keine eindeutige Antwort gibt: „Die Unschärfe erweitert das Bild, entrückt es. Das Bild muss entrückt sein, um dem Betrachter Freiheit zu ermöglichen.“
Während ihres Studiums in Offenbach und Düsseldorf hat sie angefangen, Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend in der DDR über Zeichnungen aufzuarbeiten. Die Wuppertaler Schau zeigt auch davon eine schöne Auswahl. Für die späteren Bilder nimmt die Malerin oft Pressefotos vom Irakkrieg oder Zweiten Weltkrieg als Basis, wandelt das Motiv aber so um, dass es keine konkrete Einzelsituation mehr zeigt, sondern eine allgemeingültige Form annimmt.
Und wer sich hineinsaugen lässt in die Tiefe ihrer Bilder, entdeckt, wie zart die Schichten aus starken Strichen ineinander übergehen, was für helle Farben das Grau komponieren. Der martialische militärische Aufmarsch strahlt eine bestürzende Anmut aus — ohne ihn jedoch zu verklären. Auch dies bleibt in einer fein ausbalancierten Schwebe.
Warum sie das Kriegsthema überhaupt gepackt hat, „frage ich mich selbst“, sagt die Mittvierzigerin. Ein zusätzlicher Schub kam durch den 11. September 2001, „auch weil ich genau an dem Tag nach New York fliegen wollte“.
Denn der Krieg ist auch aus unseren Breiten nie ganz verschwunden. „Unsere ganze Gegenwart ist noch vom Zweiten Weltkrieg geprägt“, sagt Moritz. „Die Straßen in den Städten sehen heute so aus, weil es den Krieg gab.“
Seit 2005 ist Sabine Moritz national und international in Ausstellungen vertreten. Ihre Bilder stehen souverän für sich — trotzdem wirft natürlich jeder Besucher einen extragenauen Blick, um einen möglichen Einfluss ihres Mannes Gerhard Richter auszumachen. Indes: Man findet keinen. Die mentale Bürde, im Schatten eines solchen Großkünstlers eigenständig zu arbeiten, muss enorm sein. Doch auf Richters Einfluss angesprochen, sagt Sabine Moritz nur: „So wie der Einfluss halt ist, wenn man eng zusammenlebt.“