Bühnen-Club zieht Bilanz: Theater auf hohem Niveau
Auf Einladung des Clubs Theatersilber nahmen Experten und Zuschauer Stellung zur jüngsten Spielzeit.
Wuppertal. Vor die Sommerpause hat die Kulturszene die Zeit der Bilanzen gesetzt. So auch beim Club Theatersilber, wo theaterbegeisterte Senioren im Kleinen Schauspielhaus die Spielzeit Revue passieren ließen. Der Leiter, Ex-Kulturdezernent Heinz Theodor Jüchter, hatte den kaufmännischen Geschäftsführer der Bühnen, Enno Schaarwächter, ebenso zum Gespräch geladen wie den Schauspiel-Intendanten Christian von Treskow und die Dramaturgen Johannes Blum und Oliver Held. Aus Sicht der Westdeutschen Zeitung nahm Kulturredakteurin Martina Thöne Stellung.
Während Schauspiel-Dramaturg Held über aktuelle Inszenierungen, etwa das Schauspiel „Zur schönen Aussicht“ referierte, zog Opern-Dramaturg Blum zugleich Bilanz für das Musiktheater. Das Programm sei gut angenommen worden, auch die Spielplan-Linie mit Türkei-Schwerpunkt habe sich bewährt: „Ich habe mit vielen türkischen Besuchern gesprochen. Die zeigten sich etwa beim Oratorium ,Nazim’ so ergriffen, wie wir das gar nicht mehr kennen.“ Für die bereits erschienene WZ-Bilanz auf einer ganzen Sonderseite fanden die Verantwortlichen lobende Worte. Martina Thöne erläuterte, dass nach nunmehr drei Jahren eine dezidierte Analyse möglich gewesen sei.
War das Musiktheater unter dem Strich zu unpolitisch und nicht aktuell genug? Blum erwiderte, dass es im Musiktheater in diesen Zeiten des Sparens heikel und schwierig sei, Uraufführungen im Opernhaus zu bestreiten.
Auch von Treskow zog eine Drei-Jahres-Bilanz. Die erste Spielzeit unter seiner Leitung sei eine Art Visitenkarte gewesen. „Der Ball wurde von uns vors Tor gebracht — in einer Art Kick-and-Rush-Methode. Die zweite Spielzeit verlief dann etwas konservativer und die nun zu Ende gehende war ein Mix aus aufregenden Inszenierungen mit großer Breitenwirkung.“
Schaarwächter erklärte, dass die Besucherzahlen in etwa denen des Vorjahres entsprachen und die türkische Oper „Ali Baba“ der Renner war. Aus den Reihen der Clubteilnehmer kam indes der Wunsch nach einem Theaterstück, „aus dem man lachend herauskommt“. Sind viele Stücke zu düster? Von Treskow konnte darauf verweisen, dass immerhin vier der elf Produktionen des Sprechtheaters in der aktuellen Saison Komödien gewesen seien.
Dass Christian von Treskows Team auf hohem Niveau spiele, konnten alle Anwesenden bestätigen. Auch das Interesse auswärtiger Regisseure, die an renommierten Häusern arbeiten, zeuge von der Qualität der Wuppertaler Bühnen. Tilo Nest beispielsweise, der für „Schöne Bescherungen“ sorgte, gehört zum Ensemble des Wiener Burgtheaters.
Weil Bühnen mittlerweile Mitbewerber auf einem vielfältigen Freizeitmarkt sind, wollen die Zuschauer umso stärker umworben werden. Dabei wünsche man sich, dass speziell Fans der Sinfoniker künftig vermehrt auch die Oper schätzen lernen. Hierbei hofft Schaarwächter auf entsprechend viel Publikumszuspruch nach der anstehenden Fusion von Bühnen und Sinfonieorchester: Wie die WZ berichtete, ist die Gründung einer Wuppertaler Orchester- und Bühnen GmbH (WOB) geplant. Eine besonders enge Bindung des Publikums an die Ensembles sei ein über viele Jahre gewachsenes Wuppertaler Phänomen, sagte indes Jüchter, der erneut mahnend daran erinnerte, dass das Schicksal des Schauspielhauses in der Seele wehtäte — nach wie vor ist die Zukunft des sanierungsbedürftigen Gebäudes ungewiss.
Christian von Treskow zählte auch Nachteile des Hauses auf, kann aber die Liebe des Publikums zum schönen und großzügigen Foyer-Ambiente nachvollziehen. Und: „Es gibt interessante Denkansätze für die Zukunft des Hauses. Im Herbst soll es einen neuen Vorstoß geben.“ Man sei gespannt.