Dekan Kreidler verlässt die Musikhochschule
Es ist das Ende einer Ära: Der Chef der Musikhochschule verabschiedet sich in den Ruhestand und packt nach 13 Jahren seine Gitarre.
Wuppertal. Quantität ist nicht alles, aber Erfolg lässt sich durchaus in Zahlen messen. Wenn Studenten zeigen, was sie gelernt haben, strömen ihre Zuhörer an die Sedanstraße - dahin, wo die Musik spielt. Bis zu 120 Gäste lauschen den klassischen Kostproben im großen Saal. Auch im kleinen Konzertraum geben die Profis von morgen schon heute den Ton an - damit 80 Besucher in alte und neue Klangwelten eintauchen können.
Dieter Kreidler freut das gleich doppelt, denn die Gäste der Musikhochschule interessieren sich für zweierlei: für die Kunst der Studenten und für ihr neues Zuhause. "Das Interesse ist überwältigend", resümiert der 65-Jährige. "Die Konzerte sind sehr gut besucht - im Gegensatz zu früher. Da kamen zu den Klassenabenden hauptsächlich Bekannte und wenige eingefleischte Fans."
Kreidler muss es wissen. 13 Jahre lang war er Dekan der Musikhochschule, am Freitag ist sein letzter Arbeitstag. Das schönste Abschiedsgeschenk hat er sich selbst gemacht: Mit dem Umzug nach Barmen hat für 200 Studenten eine neue Ära begonnen. "Das Haus ist ein Glücksfall", schwärmt Kreidler. "Wir sind jetzt mittendrin - und angekommen. Auch das Publikum hat offensichtlich nur darauf gewartet."
Doch nicht nur der Standort allein zieht Besucher magisch an. Auch das Angebot ist verlockend(er). "Als ich vor 25 Jahren an die Musikhochschule kam, gab es drei oder vier Konzerte im Semester", erinnert sich Lutz-Werner Hesse, der als Geschäftsführender Direktor in Kreidlers Fußstapfen tritt und die Zahl der Konzerte längst nicht mehr an einer Hand abzählen kann.
Denn die Musikfans von heute haben die Wahl - zwischen 30 bis 40 öffentlichen Veranstaltungen pro Monat. "Für eine kleine Hochschule ist das eine Menge", betont Kreidler stolz. "Man würdigt das jetzt auch. Da sind die Studenten natürlich noch motivierter." Um sie geht es ja schließlich. Davon, dass "wir endlich ein hochschulwürdiges Gebäude haben", sollen vor allem die Studenten profitieren. "Seitdem sie Studiengebühren zahlen, gibt es ein ganz anderes Anspruchsdenken."
Wer Kreidler kennt, weiß, dass der umtriebige Professor seine Gitarre sicherlich nicht zur Seite stellt, nur weil nun offiziell der Ruhestand beginnt. Im Gegenteil. Weil gar nicht erst ein Anflug von Langeweile aufkommen soll, hat er schon den nächsten Termin: Anfang April stellt er auf der Internationalen Musikmesse in Frankfurt seinen neuesten Streich vor. "Nach 30 Jahren habe ich meine Gitarrenschule neu geschrieben." Dass sie pünktlich zur Pensionierung im Schott Verlag erscheint, ist kein Zufall. Der Titel genauso wenig: Kreidler kündigt "Die Gitarrenschule mit Spaß und Fantasie" an - und weiß auch schon, woran er demnächst selbst Freude haben dürfte. "Ich wurde als Juror zu verschiedenen Festivals eingeladen. Jetzt habe ich endlich Zeit dazu."
Erst einmal lockt aber Holland. Die Osterferien im Königreich wird er besonders genießen, denn "im vergangenen Jahr hatte ich wegen des Umzugs nur zwei Tage Urlaub". Für die Ferienlänge gilt daher dieselbe Erkenntnis wie für Besucherzahlen: Am Ende ist die Quantität nicht entscheidend - aber doch wichtig. Insgeheim hofft der scheidende Dekan nämlich, dass das neue Zuhause auch neue Mitbewohner anzieht: "Ich bin gespannt, ob sich der Gebäudewechsel auch auf die Studentenzahlen auswirkt."
Die Entwicklung "seiner" Hochschule wird er deshalb im Förderverein im Blick behalten. Auch dort hat er für mehr Quantität gesorgt: "Vor 13 Jahren hatte der Förderverein 20 Mitglieder. Heute sind es 150."