„Der Barbier“ erobert das Opernhaus

Die von Johannes Weigaand inszenierte Version von Rossinis Opern-Schlager reißt das Publikum zu italienischen Temperamentsausbrüchen hin.

Wuppertal. Ästhetisch-kühl wirkt die Bühne mit ihren vier dreh- und klappbaren weißen Wänden (Moritz Nitsche), nur ergänzt um farbige Lichteffekte und vorsichtig historisierende Kostüme (Judith Fischer). Aber welchen Raum lässt dies der opulenten und klangsinnlichen Musik von Gioachino Rossini im großen Hit des Musiktheaters: „Der Barbier von Sevilla“ erobert wieder das Wuppertaler Opernhaus.

Johannes Weigand tat recht daran, seine Inszenierung von 2003 noch einmal aufzulegen. Er arbeitet mit Stilmitteln der Commedia dell´arte: maskenhaft geschminkt ist Figaro, ironisch übersteigert das Spiel des Doktor Bartolo, reduziert die Personenführung, die im gestischen und mimischen Spiel ihre humorvolle Ausprägung erfährt.

Der glatzköpfige Ränkeschmied Figaro mit seinem sich selbst beweihräucherndem Bravourauftritt „Largo al factotum della città“ ist bei Thomas Laske mit kraftvoller Baritonlage in den allerbesten Händen.

Elena Fink zeigt eine Rosina mit großer Stimmbeweglichkeit, die oft in Mezzolagen führt, aber auch höchste Koloratursicherheit fordert, etwa in ihrer schönen Arie „Una voce poco fa“. Mit umwerfendem Humor gestaltet sie zusammen mit dem als Musiklehrer verkleideten Grafen Almaviva, den sie liebt, die Gesangsstunde der besonderen Art. Nur ihr Vormund Bartolo, der sie eifersüchtig hütet, kann dabei schlafen — das Publikum tobt, lässt sich immer wieder zu Szenenapplaus und Beifallsrufen hinreißen.

Almaviva, alias Nathan Northrup findet nach und nach zu freien Tenor-Höhen, bleibt in der Mittellage und im raschen Parlando etwas schwach, ist aber im Spiel präsent und überzeugend.

Den Bartolo, der sein Mündel Rosina heiraten will, gibt Darius Machej mit solidem Bass. Grotesk überzeichnet er die Figur, kickst in Sopran-Höhen, überschlägt sich fast im schnellen Sprechgesang und fuchtelt mit dem Regenschirm, mit dem er gegen den Degen antritt.

Als korrupter Don Basilio, der echte Musiklehrer mit seiner großartigen Verleumdungsarie „La calunnia“, glänzt Bassist Martin Jeaseok Ohu, der ebenso wie die Nebenrollen treffend besetzt ist. Chor, Orchester und der die Rezitative begleitende Cembalist lassen sich vom Dirigenten Florian Frannek zur schlanken, die Sänger stützenden Musizierweise verführen, trumpfen aber auch vollmundig auf, etwa in Ouvertüre und Chorpassagen oder der herrlich dramatisch inszenierten Gewittermusik.

Die Wuppertaler lassen sich am Ende mit Pfeifen und Bravo-Rufen und stehend applaudierend zu italienischem Temperament hinreißen — völlig zu Recht für eine überaus gelungene Aufführung von Rossinis Opern-Schlager.