Eine Schauspielerin macht sich auf den Weg
Chris Nonnast wagte den Schritt vom festen Engagement ins „freie“ Künstlerleben.
Wuppertal. Ob sich ein Neuanfang lohnt, sollte laufend überlegt werden. Das dachte sich auch Chris Nonnast, als sie vor einem Jahr unter die Pilger ging und den Jakobsweg für sich entdeckte. Sechs Wochen lang war sie unterwegs - um den eigenen Alltag zu hinterfragen und Fremdes zu entdecken.
Denn der Weg ist das Ziel - das alte Sprichwort eröffnete der Schauspielerin eine ganz neue Erkenntnis: Was als Auszeit geplant ist, muss noch lange kein absoluter Rückzug sein. Im Gegenteil. Die Meditation führte geradewegs zu lauter Gleichgesinnten.
"Es war wahnsinnig schön - viel kommunikativer und lustiger, als ich dachte", sagt Nonnast. Sie strahlt jetzt noch, wenn sie sich an die Begegnung mit den Weggefährten erinnert. "Seitdem sind die Spanier meine Freunde."
Das sind seit neuestem auch die Griechen - die Wuppertaler ebenso. Spätestens seit der Premiere vor sechs Wochen sind ihr die bergische und die griechische Mentalität nicht mehr fremd.
In Kai Schuberts eigens für die Wuppertaler Bühnen geschriebenem Stück "Eleni" spielt Nonnast die Hauptrolle: eine junge Auswanderin, die in den 60er Jahren ins Bergische Land kommt. Ein Jahr lang soll Eleni bei Verwandten Kinder hüten - am Ende bleibt sie für den Rest des Lebens, das mitunter andere Wege aufzeigt, als man mal erwartet hat.
Auch Christine Nonnast, die am liebsten auf den Namen "Chris" hört und angenehm unaufgeregt wirkt, vertraut auf das Schicksal. Bevor sie ihr Weg nach Wuppertal führte, hatte sie in ihrer Heimatstadt sieben Jahre lang Theater gemacht. Dann war ein Wendepunkt erreicht: "Ich habe in Ingolstadt gekündigt, ohne etwas Neues zu haben."
Nach dem festen Ensemble-Engagement ging’s erstmal auf den Jakobsweg. Kein Wunder: "Ich treffe oft unpopuläre Entscheidungen", erklärt sie. "Meistens habe ich mich gegen das Sichere entschieden." Da passt ihre aktuelle Rolle bestens ins Konzept: Auch Eleni wagt Mutiges - einen Neuanfang in Deutschland. Als ihr griechischer Verlobter, zu dem sie eigentlich zurückkehren will, nicht auf sie wartet, bleibt sie einfach da - aus Trotz oder Schock, womöglich auch, weil sie nicht mehr weiß, wo eigentlich ihre Heimat ist.
"Ich wollte immer gerne die alten Griechen spielen, aber die sind kaum an mich herangetragen worden." Nonnast lacht, denn nun sind es die "jungen" Griechen, mit denen sie Erfolg hat. "Das Thema hat mich total gereizt", betont sie. "Auch wenn ich selbst nicht heimatlos und auch keine Migrantin bin, finde ich mich in der Figur wieder. Das Gefühl, Dinge nicht verwirklicht zu haben, kenne ich auch. Man ist in seinem Leben irgendwie hängengeblieben und fragt sich: Was habe ich eigentlich gemacht?"
Eines unterscheidet sie allerdings von der Figur, die sie spielt: "Ich verstehe nicht, weshalb Eleni manchmal nicht aktiver ist." Nonnast selbst hat ihr Schicksal konsequent in die Hand genommen. Als sie einst mit der Schulklasse im Theater war, wusste sie: "Das will ich auch machen." Zwei Jahre später, mit 18, bewarb sie sich an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Künste in Stuttgart - und wurde prompt genommen.
Seitdem kennt sie das Gefühl, viel Applaus zu erhalten, aber auch die Angst, öffentlich zu versagen: "Sie gehört zu unserem Beruf dazu, gar keine Frage." Und trotzdem: Auf dem Jakobsweg hat sie Schritt für Schritt erkannt, dass für sie kein Weg an der Bühne vorbeiführt. "Theater reizt mich, weil es eine Gemeinschaftsarbeit ist. Da macht sich ein Team auf den Weg." Ihre Rolle in Wuppertal hat das nur bestätigt: Ihr Neuanfang hat sich gelohnt.