Lesestoff Emilia — Eine Protagonistin wird erwachsen

Die Wuppertaler Autorin Angelika Pauly hat in „Prima Emilia“ auch Persönliches verarbeitet.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Die „verkehrte Welt“ ist ein uraltes Motiv. Autoren beklagten damit kulturpessimistisch, dass die Welt außer Kontrolle geraten sei. Oder sie versuchten Probleme ihrer Umkehrung greifbar zu machen — so wie Angelika Pauly. Die Wuppertaler Schriftstellerin folgt in ihrem neuen Roman „Prima Emilia!“ dieser Intention. Sie lässt ihre gleichnamige Heldin, Emilia, erwachsen werden.

Das 16-jährige Mädchen mit den roten Locken und der kaputten Latzhose ist zum ersten Mal verliebt. Ein komischer Zustand für die sonst unbeschwerte Emilia, die seit ihrer Geburt eine übernatürliche Gabe besitzt: Sie kann mit Tieren, Bäumen und anderen Pflanzen sprechen. Doch ihre Welt wird auf den Kopf gestellt: Emilia wird erwachsen. „Das bedeutet auch, dass sie den Bezug zu ihrer mystischen Welt verliert und in der Realität ankommen muss“, sagt ihre Schöpferin Angelika Pauly.

Klingt philosophisch? Ist es auch. Denn wichtiger als die Pubertät wird für Emilia nebenbei ein anderes Thema: Wer bin ich? Wer will ich sein? Emilias Universum verändert sich, als sie sich mit der Frage, was sie einmal werden möchte, auseinandersetzt. An der Bergischen Universität besucht die Schülerin eine Informationsveranstaltung für Abiturienten. „Mathematik soll es werden“, entschließt sie. Damit hat die Autorin, neben dem Handlungsort Wuppertal, persönliche Elemente in die sonst fiktive Erzählung einfließen lassen: „Eigentlich ist Emilia ein Teil meiner Selbst. Meine Tochter hat tatsächlich Mathematik studiert“, erzählt Angelika Pauly und erklärt: „Auch der Wundergarten, in dem sich Emilia als Kind häufig aufgehalten hat, entspricht optisch meinem realen Garten.“

Die kleine Emilia? Die ist schon durch frühere Bände von Angelika Pauly gewandert. Denn „Prima Emilia“ ist der mittlere Teil einer langen Reihe, welche das Leben der Protagonistin kontinuierlich, ähnlich einer Biografie, nacherzählt.

Mit 16 steckt auch Emilia in einer Zwischenphase: nicht mehr Kind, noch nicht erwachsen. Der größte Feind: die Pubertät. „Kinder leben in einer anderen Welt. Sie denken und fühlen anders“, so Angelika Pauly. Emilia lässt sich beschützen, ihre Oma klärt Konflikte, wenn es kracht. Dann plötzlich heißt es, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Im grellen Licht des Erwachsenwerdens scheint das Wunderland der Emilia endgültig von seinem Zauber entkleidet zu sein: „An diesem Punkt ist plötzlich nicht mehr ganz klar, ob es diese mystische Welt der sprechenden Tiere und Pflanzen überhaupt gibt oder jemals gegeben hat“, verrät die Autorin. Surrealistisch bleibt die 150 Seiten lange Erzählung auf jeden Fall, die Ende Februar im Eigenverlag (epubli) erschienen ist.