„Zeitzeichen“ muss bleiben, sagt Iris Colsman Still stehen – von der Zukunft her träumen
Iris Colsman macht sich Gedanken über #kultuerhalten.
Vorletzte Woche fand an mehreren Orten in Wuppertal eine Veranstaltung der Kulturpolitischen Gesellschaft statt: „Von der Zukunft her“. Ich konnte nicht teilnehmen, der Titel jedoch hat mich inspiriert, über zwei andere Ereignisse nachzudenken: eines, das im Rahmen der Kulturarbeit der Färberei am 25. September auf dem Berliner Platz zu erleben war (am Tag der Träume) – und über eines, das stattzufinden droht.
Zunächst zum zweiten: Es drohen uns in der Zukunft im Rundfunk zwei Sendungen verloren zu gehen, die sich mit der Vergangenheit befassen: Der „Stichtag“ und in Folge wohl auch das „Zeitzeichen“. Beide tragen dazu bei, dass wir einen Blick in die Geschichte werfen können. Zum Beispiel für Pendler, Eltern im Schultaxi oder viele Menschen in Rente ist das eine kleine Geschichtsstunde gratis. Dieses Wissen kann bewusst machen, wo wir herkommen, was uns geformt hat. Die Sendung stellt einen Bezug her zu vielen Menschen, die unser Leben geprägt haben. Wir können uns nur kritisch oder dankbar mit ihnen und unserer Geschichte auseinandersetzen, wenn wir davon wissen. Das ist der Grund, auf dem wir stehen – ob wir wollen oder nicht, es sind unsere Wurzeln. Wir sollten sie kennen. Nicht von ungefähr sagt Wilhelm von Humboldt: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Also: Das Zeitzeichen muss bleiben! Ich rufe hiermit dazu auf, dem WDR viele Stimmen dafür zukommen zu lassen.
Von der Zukunft her zu denken, zu fühlen und zu handeln ist eine Idee, die die Transformationsbewegung impulsiert. Es gibt unterschiedliche Konzepte dafür. Zahlreiche Methoden werden seit Jahren erprobt und bewegen große Gruppen rund um den Globus. Was macht für mich die Gemeinsamkeit dieser Konzepte aus?
Die Freude am Erträumen einer Zukunft, die für alle da ist und die wir erreichen können, wenn wir eine Transformation zulassen. Die Bereitschaft dazu, sich mit anderen auszutauschen, sich einzulassen und neue Schritte zu wagen. Den Mut zur Offenheit, zur Auseinandersetzung mit dem Unbekannten, die Angst vor Unbekanntem zu überwinden, Ungewissheit auszuhalten, zu scheitern.
Dies alles sind Prozesse, die auch Kulturschaffende durchmachen, wenn sie künstlerisch tätig sind. So können wir viel mit und von ihnen gemeinsam lernen für den Prozess der Veränderungen.
Nun zu der Kategorie zwischen Vergangenheit und Zukunft - der Gegenwart: Meine Kinder haben früher immer gesagt, „Mama, die Gegenwart gibt’s doch gar nicht: immer wenn sie da ist, ist sie schon wieder vorbei…“
Die Performance „Still stehen“ von Piet Biniek, Künstlerin und Psychotherapeutin, die am 25. September auf dem Berliner Platz zu erleben war, besteht daraus, dass Piet still steht. Eine Stunde. An einem Ort. Wenn sie eingeladen wird. Die Idee zu diesem Format kam ihr wohl in einer besonders stressigen Situation, aus der sie bewusst heraustreten wollte. Ruhe finden wollte. Aus der Zeit – in die Zeit des Still - Stehens. Ihre Erlebnisse beschreibt sie dann auf ihrer Webseite fotografie.pietbiniek.de. Ihre erste Performance am 21. August in Wuppertal war C. Schlingensief gewidmet, die zweite nun ist am Tag der Träume. Sie macht die Gegenwart groß, tief, erlebbar?
Ich bin dankbar, in einer Gesellschaft zu leben, in der Kunstschaffende mir die Gelegenheit geben, mein alltägliches Leben zu überdenken, aus ihren Aktionen, Aufführungen und Werken Impulse für meinen Alltag und mein Wirken zu bekommen. Daher: Wie im Netz gefordert wird:#kulturerhalten!