Kultur Antirassismus braucht Kommunikation
Wupperwerft präsentiert Kurzfilm „Schweigemahl“.
Eine Familie sitzt gemeinsam beim Abendessen. Es herrscht eine gedrückte Stimmung, die Gespräche sind Schein. „Schweigemahl“ heißt ein neuer Kurzfilm von Horst Wegener und Arne Schramm, die mit ihrer Produktionsfirma Wupperwerft damit das Thema Alltagsrassismus auf den Tisch bringen. Denn das Schweigen im Film ist keine Stille. Vielmehr kann der Vater, einziges weißes Familienmitglied, die alltäglichen Diskriminierungserfahrungen seiner schwarzen Frau und Kinder nicht einschätzen. Unbedarft blättert er zum Beispiel in der Zeitung und liest freudig eine Theaterkritik, in der seine Frau, eine Schauspielerin, „exotisch“ genannt wird. Die Tochter denkt an die Schule, wo der „hautfarbene“ Stift nicht auf sie zutraf; der Sohn an den Einkauf, bei dem er für kriminell gehalten wurde.
Das Ausmaß dieser alltäglichen, kleinen, aber tief verletzenden Nadelstiche wird dem Vater nur langsam bewusst. Ob er schließlich dagegen einsteht oder doch den Schein wahren will, lässt „Schweigemahl“ dramatisch offen.
Angelernte Denkmuster in
der Gesellschaft verankert
Genau diese Unklarheit soll der Kurzfilm aufzeigen. Rebecca Sleegers, die die Mutter spielt, erklärte nach der Premiere am Freitagabend im Rex den Kern des Problems: „Man weiß nicht, wo man anfangen soll, über Rassismus zu reden.“ Es müsse mit eigenem Hinterfragen begonnen werden. Dabei geht es um angelernte Denkmuster, die meist unsichtbar in der Gesellschaft verankert sind. Man müsse kein Rassist sein, um rassistisches Gedankengut zu haben oder zumindest zu stützen. Wichtiger sei es, als weißer Mensch eigene Privilegien zu erkennen und aktiv entgegenzuwirken. Horst Wegener stellte klar: „Antirassismus ist vor allem eine weiße Aufgabe.“
Und so lieferten die Beteiligten reichlich Impulse, das Thema ohne Furcht, aber entschlossen anzugehen. Der Wuppertaler Musiker stellte nämlich nicht nur das hauseigene Video vor, sondern auch den Song „Werden“, mit dem er sein Jahreszeiten-Projekt abschließt. Gemeinsam mit Roger Rekless und Fayim thematisierte Wegener Rassismus in Deutschland auch musikalisch. Das begeisterte Publikum im großen Kinosaal des Rex erlebte ein Lied, das textlich und musikalisch ermächtigend wirkt.
Rekless, bürgerlich David Mayonga, hatte nach seinem Part in „Werden“ auch eigene Tracks zu bieten und las aus seinem Buch. Er schilderte die prägende Situation, die er an seinem ersten Tag im Kindergarten erlebte und die dem Buch den Titel gab: „Ein N**** darf nicht neben mir sitzen“. „Es geht um die Struktur, die einem Dreijährigen vermittelt, dass er jemanden nicht neben sich haben will, und die einer Erzieherin vermittelt, dass diese Situation keiner Aufarbeitung bedarf.“ Mayonga weiß, dass Kinder auch heute solche Erfahrungen machen und warnt vor sämtlichen Formen der Ausgrenzung, wie Sexismus, Homophobie oder Feindlichkeit gegen Menschen mit Behinderung, denn: „Die Dynamiken sind oft gleich.“
Die Wupperwerft und die rund 60 Mitwirkenden des Films, von Schauspiel bis Sponsoring, haben versucht, das Schweigen zu brechen. Es liegt an uns, das fortzuführen, findet Horst Wegener: „Es ist unser aller Aufgabe, Diskriminierung keine Plattform zu bieten.“