Jochen Stücke: Ironischer Flaneur mit Buch und Tusche

Jochen Stücke zeigt im Von der Heydt-Museum einen Querschnitt durch seine grandiosen Pariser Alben.

Foto: Andreas Fischer

Elberfeld. Napoleons letzte große Niederlage findet 2008 in der Schlacht gegen den Tourismus im Invalidendom statt — so nennt Jochen Stücke ein sarkastisches Wimmelbild. „Alles hängt mit allem zusammen“, sagt der Künstler und Kunstprofessor. Geschichte, Literatur und Lebensgefühl: All diese Elemente verbindet er in den Tuschezeichnungen, Lithographien und Radierungen der beiden „Pariser Alben“.

Das Von der Heydt-Museum zeigt mit rund 110 Werken einen Querschnitt aus der zehnjährigen Arbeit. „Dieser Blick auf Frankreich korrespondiert gut mit der großen Pissarro-Ausstellung ab Oktober“, sagt Museumsdirektor Gerhard Finckh.

Stücke nimmt sich die Geschichte vor, natürlich die französische Revolution von 1789, deren Jahrestage in Frankreich mit ungebrochenem Pathos gefeiert werden. Auf seinen Bildern kullern die abgeschlagenen „Köpfe der Revolution“ prosaisch wie Kohlköpfe auf einem Karren herum. Diese Motive sind von der Illustration historischer Ereignisse oder Romanthemen weit entfernt. Stattdessen assoziiert der Künstler in meisterlicher Tuschetechnik, was hätte sein können — locker über die Jahrhunderte hinweg.

Bei ihm treffen sich Diderot und Molière in der Rue de Richelieu, Rodin zeichnet Victor Hugo und Ernest Hemingway. Meist malt Stücke direkt an einer Straßenecke, Ironie inklusive. Die Kathedrale Notre-Dame lässt er auf spinnenbeinigen Strebepfeilern fliehen, nur weg von der massiven Vermarktung. Jochen Stücke vermischt Hochkultur mit Alltäglichem, nebenbei fördert sein Kondensat der Kulturgeschichte die Erkenntnis, dass die Menschen im Laufe der Geschichte so viel schlauer nicht geworden sind. „Ich habe aber nicht den Anspruch, eine gelehrige Kunst anzubieten“, sagt er. „Mein Antrieb ist die Stadt selber, meine Liebe zu Paris.“