Joseph Moog: Piano-Spiel mit Poesie
Der 24-Jährige überzeugte in der Stadthalle.
Wuppertal. Glücklicherweise konnte Joseph Moog, als Nachwuchskünstler des Jahres mit dem Classical Music Award gekürt, beim Bayer-Klavierzyklus in der Stadthalle für die erkrankte Irma Issakadze einspringen. Das blond gelockte Haar streng frisiert, präsentierte der erst 24-jährige Pianist im aufrechten Sitz — bei aller Virtuosität — sachlich-distanzierte Interpretationen im überwiegend mit Bearbeitungen bestückten Programm: Busoni noch eng am Notentext des Bach-Choralvorspiels, Schumann opulent und eigenständig formulierend bei den Bearbeitungen der Capricen des Teufelsgeigers Paganini — und Franz Liszt schließlich (Schubert’ sche Trauerwalzer) bravourös variierend und Verdi-Melodien aus dessen Oper „Ernani“ dramaturgisch schlüssig verarbeitend.
Scarlattis einsätzige Sonaten erhielten bei Moog zu viel romantisch-verklärendes Gewicht oder übersteigerte Spritzigkeit — wenngleich der Bernd-Glemser-Schüler die Akkordbrechungen in bester cembalistischer Manier auf das Klavier übertrug.
In Debussys „Images oubliées“ spürte der Pianist engagiert den Bildgehalten nach — etwa im herrlich klangfarbenreichen, ironisch gedeuteten „Nous n’ irons plus au bois“ (Nein, wir gehen nicht mehr in den Wald). Augenzwinkernd fantasiert Debussy über das Kinderlied, lässt Läufe wie Wind rauschen, Tonfolgen wie Regen tropfen oder Bassgrummel nach Donner klingen — wenn das Wetter unausstehlich ist, wird vom Waldbesuch abgeraten. Einfühlsam interpretierte Moog zum Schluss die beiden genuinen Liszt-Walzer — voller Poesie und Melancholie trotz der hineinkomponierten Stolperstellen und dissonanten Wendungen.