Jubel für „Gesänge von Ferne“

Lutz-Werner Hesses Fantasie feierte Uraufführung.

Wuppertal. Selten wird avantgardistische Musik so bejubelt wie beim Kammerkonzert des Sinfonieorchesters im fast ausverkauften Mendelssohn-Saal der Stadthalle. Lutz-Werner Hesse, Leiter der Wuppertaler Musikhochschule und durch seine Einführungen zu den Sinfoniekonzerten dem Konzertpublikum bestens bekannt, erhielt ausdauernden Applaus für die Uraufführung seiner "Gesänge von Ferne", einer konzertanten Fantasie für Oboe, Violine, Viola und Cello.

Andreas Heimann (Oboe), Anna Heygster (Geige), Hikaru Moriyama (Bratsche) und Karin Nijssen-Neumeister (Cello) zeigten, dass die seltene Besetzung nicht nur in Mozarts bekanntem Oboenquartett wirkt. Hesses Fantasie beginnt und endet mit einem prägnanten Lang-lang-kurz-kurz-lang-Rhythmus, über dem sich die Oboe in immer höheren Lagen windet. Etwas arg ausführlich widmet sich Hesse diesem gleich bleibenden Gestus, er zwingt die Oboe in Höhen, die auch beim besten Oboisten zwangsläufig schrill klingen. Sehr hübsch jedoch schließen sich daran Tremolo-Klänge, die mit kurzen Melodien abwechseln.

Der Mittelsatz beginnt als aufgeregtes Fugato mit lauter gleichen Notenwerten. Die Oboe fungiert mit virtuosen Läufen als Stichwortgeber für die darauf folgenden Streicherphrasen. Am Schluss dann gibt es erneut ein Stimmungswechsel zu eiskalten Klängen, bevor das Anfangsthema in umgekehrter dynamischer Entwicklung wieder einsetzt. Abgesehen von der etwas ermüdenden Einleitung ist dieses abwechslungsreiche und oft melodiöse Stück sicherlich ein erfreulicher Beitrag zur überschaubaren Literatur des Oboenquartetts.

Mit seinem Einleitungswerk, dem Oboenquartett B-Dur von Johann Christian Bach, zeigte das Quartett, wie intensiv es geprobt hatte. Innig und völlig aufeinander eingespielt schaffen die Musiker wunderschöne Stimmungen und stimmen nicht nur bis ins letzte Detail, sondern auch bis hin zu Tonnuancen zusammen. Einen völlig anderen Klang - jedoch nicht weniger perfekt - spielen die Streicher in Schuberts einsätzigem Streichtrio B-Dur.

Zerfurcht und zwischen großer Dramatik und ruhiger Melodik wechselnd präsentiert sich nach der Pause Brittens "Phantasy" für Oboenquartett. Nach den beiden modernen Stücken jedoch wirken die Musiker beim Schlusswerk, Mozarts Oboenquartett, etwas angestrengt. Die wunderbare Ruhe und ausgeglichene Stimmung, die sie zu Beginn ausstrahlten, will sich diesmal nicht einstellen.

Das Quartett musiziert auf sehr hohem Niveau, virtuos und mit schönen Phrasierungen, keine Frage; doch die vorher demonstrierte Perfektion in Klang und Zusammenspiel fehlt diesmal etwas. Trotzdem applaudieren die Zuhörer lange und begeistert, ohne jedoch eine Zugabe zu erwirken.