Marketing Kulturreisen nach Wuppertal: Kritik an städtischer Vermarktung

Vertreter von fünf Wuppertaler Kultureinrichtungen werben seit einigen Jahren für Reisen in die Stadt. Im März geht es wieder zur ITB nach Berlin.

Vertreten die Kultur bei der ITB: Marion Meyer (Von der Heydt-Museum), Esther Klose (Sinfonieorchester), Heike Janssen (Historische Stadthalle), Ruth Eising (Skulpturenpark Waldfrieden), Julian Rasmus Grüter (Schauspiel), Sara Teckenberg (Oper), Ursula Popp (Tanztheater Pina Bausch), Patricia Cahn und Silke Asbeck (beide Historische Stadthalle; v.l.)

Foto: Fischer, Andreas H503840

Sie sind eine kleine Truppe, unterstützen sich gegenseitig und jeder seine Kultureinrichtung in Wuppertal. Sie sind Kulturbotschafter, denen der Haupt-Botschafter fehle, der etwas von Tourismus und Marketing verstehe, sagen sie. „Wuppertal hat ein großes Potential“, betont Silke Asbeck, Geschäftsführerin der Historischen Stadthalle. Ein Potential, das nach innen, vor allem aber nach außen zum Strahlen gebracht werden solle. Immerhin ist die Stadt Wuppertal laut Internetportal CNN-Travel einer der 20 „best places to be“ in der Welt.

2012 taten sich Von der Heydt-Museum und Skulpturenpark Waldfrieden zusammen, nahmen gemeinsam an der Culture Lounge, der Kulturhalle der ITB (Internationale Tourismusbörse) teil, nachdem zuvor das Museum allein in Berlin gewesen war. Ruth Eising, Pressereferentin des Skulpturenparks: „Wir merkten schnell, dass andere im Verbund auftraten, sich besser vermarkteten.“ Weshalb die Wuppertaler Mitstreiter suchten,Tanztheater Pina Bausch und Historische Stadthalle (2013/14) und Wuppertaler Bühnen (2015/16) ins Boot holten.

Die Stadt Wuppertal ist im Verbund mit Solingen und Remscheid auf der ITB vertreten. Unter dem Label „Bergische Drei“, Bergisch Land Tourismus Marketing (BLTM), werden Wandern, Radfahren und Grünerleben in den Vordergrund gestellt. Keine Alleinstellungsmerkmale, so Asbeck, die Kultur dagegen werde nicht in den Fokus genommen. Die Kulturschaffenden dockten dennoch an und entwickelten ihre eigene Marke, die die Worte Kunst, Wupper, Musik, Tal und Tanz verbindet. Esther Klose (Marketing, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit Sinfonieorchester): „Wir stehen nicht in Konkurrenz untereinander, sondern verknüpfen unsere Angebote im Sinne mehrtägiger Kulturreisen nach Wuppertal.“ Obwohl sie eine heterogene Gruppe seien, ergänzt Patricia Cahn (Kundenbetreuung/Kulturveranstaltungen der Stadthalle), funktioniere die Zusammenarbeit gut. 2015 zog man innerhalb der Messe um, ist seither Teil der Kulturwand der NRW-Städte Düsseldorf, Köln und Bonn.

Außerdem versuchte man die Unterstützung der Stadt zu gewinnen. Erntete viel Lob. Den Volkshochschulen aus der näheren Umgebung wurden die Kultureinrichtungen gezeigt, damit diese Kulturreisen nach Wuppertal in ihr Programm aufnahmen. Martin Bang, Geschäftsführer von Wuppertal Marketing, kennt die „Umkreismarketingmaßnahme“, die regelmäßig wiederholt werde. Eising kritisiert: „Niemand aber hat das Thema zu seiner Sache gemacht.“ Es fehle ein Profi, der sich um ein eigenes kulturtouristisches Marketing kümmere, auch die Auswertung ihres Einsatzes übernehme. Was aufwendig ist, einer eigenen Logistik bedarf. Weshalb sich die Protagonisten bislang mit dem Eindruck begnügen müssen, dass ihre Aktivitäten zu mehr Besuchen führen, ihre Angebote in Berlin auf Interesse stoßen.

Stadt hat kein Geld für einen
großen Aufschlag

Vom 4. bis 8. März stehen sie nun wieder vor der Kulturwand auf der Berliner Messe, kümmern sich um Kontakte bei Reiseveranstaltern, die 2020/21 Touristen in die Stadt bringen.  Sie wissen um die kulturinteressierten Best Ager und die Babyboomer, die in die Jahre kommen, und das aktuelle Wachstum der Hotels, das Engels-Jahr, das mit seinen Angeboten weitere Gäste in die Stadt holen könnte. Weshalb die städtische Projektgeschäftsstelle diesmal ebenfalls dabei ist. Weiterer Ausbau, etwa durch Vertreter der starken Freien Szene, ist erwünscht. „Wir könnten viel mehr Power entwickeln, die Kulturszene der Stadt zu spiegeln“, meint Asbeck. Und eigentlich, so Cahn, müssten die Aktivitäten ganzjährig laufen. Über die ITB und die Cologne Fine Art im Herbst hinaus. Cahn: „Wir hätten mit der Schwebebahn auch schon ein Alleinstellungsmerkmal, an dem man eine Werbekampagne aufhängen könnte und die die Kulturorte miteinander verbindet.“

Großen Respekt für ihren Einsatz zollt Martin Bang. Auch er wäre für einen großen Aufschlag: „Wir haben einen gemeinsamen Traum, mit den Städten und Wuppertal besser aufzutreten, die Kultur zu integrieren.“ Der aber koste Geld, Geld das nicht da sei. Weshalb Bang sich damit begnügen muss, den mit anderen Wanderregionen konkurrierenden Auftritt des Bergischen Landes etwas großstädtischer zu machen, indem er für Wuppertal ein anderes, weniger ländliches Bild werben lässt. Außerdem liege die Tücke im Detail: Reiseveranstalter planen frühzeitig, wenn Programme noch nicht fertiggestellt seien, Städte konkurrieren untereinander, Kultur mit Shopping. Weshalb Bang auf Einzelmaßnahmen setzt, Neujahrsgrüße beispielsweise mit dem Hinweis auf die Eröffnung von „Aralandia“ im Zoo verbindet. „Wir arbeiten dran“, verspricht er, Sparmaßnahmen und immer weitere Themen hätten jedoch das Marketing an die Grenze gebracht. „Wir haben das Selbstbewusstsein, auch alleine weiterzumachen“, gibt sich Asbeck kämpferisch.