Kunsthochdrei: Venedig lässt grüßen
In der beliebten Reihe ging’s diesmal um die Lagunenstadt.
Wuppertal. Welche Stadt vereinigt die Künste umfassender als "La Serenissima" - "Die Durchlauchtigste", wie Venedig im Beinamen heißt? Also bildet Venedig die Klammer der Reihe "Kunsthochdrei", die im Von der Heydt-Museum Malerei, Literatur und Musik umfasst.
Als die Hochzeit Venedigs als Handels-Imperium verblasste, blühte die Kultur immer noch in der Stadt mit dem besonderen Lebensgefühl, wo Luxus und Verfall, Schönheit und Vergänglichkeit bis heute so nah beieinander liegen. Marcel Proust beschreibt im sechsten Band ("Die Flüchtige") seines Mammutwerkes "Auf der Suche nach verlorenen Zeit" in dichter Sprache den Venedig-Aufenthalt des Ich-Erzählers und spart nicht mit Lobeshymnen auf Architektur und Alltagsleben.
Wie lauer Lufthauch die Gassen durchweht, wie verwunschene Plätze darauf warten, wieder entdeckt zu werden - das schafft für Proust die Imagination, die der Name "Venedig" hervorruft.
So bildhaft klingt seine Sprache, dass das Versenken in das Bild von Giovanni Antonio Canal (genannt Canaletto), der den "Markusplatz in Venedig" 1740 malte, nicht schwer fällt. Und doch wirkt Canalettos Bild fast statisch gegenüber der schmuckreichen Sprache, ist die strenge Ausrichtung auf einen Fluchtpunkt und die wirklichkeitsgetreue Darstellung der Stadtansicht ("Vedutenmalerei") wie ein Foto ein eher nüchternes Objekt, Erinnerung zu konservieren - wären da nicht die subtile Hell-Dunkel-Gestaltung, die exquisite, zurückhaltende Farbgebung, die präzisen Details und die perfekte Technik, die das Gemälde als Kunstwerk auszeichnen.
Wenn die Figuren auch scheinbar lebensecht platziert sind, fällt doch ihre Anonymität und Unbewegtheit auf. Sie wirken kostümiert und auf die Bild-Bühne gestellt - kein Wunder, kam Canaletto doch von der Theater-Malerei.
Wie viel leichter hat es da die Musik, Lebensgefühl und Stimmungen einzufangen: Antonio Vivaldi und Tommaso Albinoni setzten ihrer Heimatstadt mit vielen Werken unsterbliche Denkmäler. Die Sonaten für Violine und Cembalo sind Kleinode in Sachen Schlichtheit der Melodie, spiegeln prachtvolle Feierlichkeit oder hüpfende Tanzfreude. Schillernde Ornamentik sind Kennzeichen der barocken Musik, die auch mit sanfter Melancholie und süßer Schwere anrührt.
Dies in einvernehmlichem Spiel, mit viel Freude und Perfektion präsentiert, lässt das schöne Venedig sehr lebendig werden: "Schönheit kann in bescheidenen und kostbarsten Dingen liegen", wie Proust bemerkt.