Sinfonieorchester: Frauen haben keine Angst vor dem Kontrabass
Solvejg Friedrich und Angelika Grünkorn spielen das größte Streichinstrument.
Wuppertal. "Nein, ich wollte nicht Flöte lernen", steht auf einem Anhänger am Kontrabass von Solvejg Friedrich. So kommt sie dummen Sprüchen mitleidiger Zeitgenossen zuvor. Haben schon Männer schwer am größten Streichinstrument zu schleppen, wirken Frauen mit dem Riesen auf dem Rücken erst recht klein und zierlich.
"Mir kommt der Kontrabass nach dem Urlaub auch immer sehr groß vor. Wenn ich eingespielt bin, wird er wieder zierlicher", gibt Angelika Grünkorn zu. Die beiden Damen spielen gemeinsam im Wuppertaler Sinfonieorchester und sorgen damit für einen ungewöhnlich hohen Frauenanteil.
"Es gibt immer noch Orchester, die für Kontrabass-Stellen keine Frauen einladen. Viele behaupten, sie seien zu zart, um den großen Fünfsaiter zu spielen - dabei ist das totaler Quatsch", erzählt Friedrich.
Klar, nach dem Urlaub müssen sie minutenweise mit dem Üben wieder anfangen und die Finger dick mit Fett einschmieren, um keine Blasen zu bekommen - aber das müssen männliche Kollegen auch. Und alle keuchen gleichermaßen, wenn sie ihr Instrument eine enge Wendeltreppe zur Kirchenempore hoch hieven müssen.
"Dafür haben wir es im Orchester am besten: Wir müssen nur den Bogen mitnehmen." Den orchestereigenen Kontrabass bugsieren die Orchesterwarte an seinen Platz.
Richtig ausgesucht haben sich beide Frauen den Kontrabass nicht. Bei Angelika Grünkorn (43) war es der Vater - ebenfalls Mitglied des Wuppertaler Sinfonieorchesters -, der das Instrument vorschlug, um das heimische Streichquintett zu vervollständigen. Bei Solvejg Friedrich (35) fehlte dem Schulorchester der Bass.
"Damals hatte ich das Gefühl, dass ich die erste Frau war, die Kontrabass spielte", erinnert sich Grünkorn. Heute sucht sie sich selbstverständlich ihr Auto danach aus, ob Bass und Sohn zusammen hineinpassen. "Wenn ich die Geige meines Freundes in der Hand habe, kommt sie mir ganz komisch vor - da habe ich Angst, etwas kaputt zu machen", sagt Friedrich.
Und auch Kammermusik spielen beide gerne, auch wenn das Repertoire dafür klein ist. Die Hassliebe, wie sie Schriftsteller Patrick Süskind in seinem Stück "Der Kontrabass" schildert, liegt den beiden Musikerinnen fern. "Man kann unglaublich viele Klänge aus dem Instrument herausholen", sagen sie.
Und wenn es in einem romantischen oder modernen Musikstück gar zu viele Pausen zu zählen gibt, wiegt es das nächste Barockstück wieder auf: "Es ist ein tolles Gefühl, wenn wir das Fundament sind."