„Musik bringt alles zum Vorschein“

Uta Linke ist seit 40 Jahren Flötistin im Sinfonieorchester. Am Sonntag übernimmt sie im Sinfoniekonzert einen Solopart.

Foto: Dirk Sengotta

Wuppertal. Es wirkt wie eine Verbeugung für die 40-jährige Zugehörigkeit zum Sinfonieorchester. Die Soloflötistin Uta Linke spielt mit Manuela Randlinger-Bilz (Harfe) beim Sinfoniekonzert am Sonntag Mozarts Konzert für Flöte, Harfe und Orchester. Das Solo sei aber Zufall und habe mit ihrem Jubiläum nichts zu tun, sagt sie. „Bei der Planung hatte ich das noch gar nicht auf dem Schirm.“

Frau Linke, 40 Jahre im selben Orchester — ist Ihnen das je langweilig geworden?

Uta Linke: Nie, nicht einen einzigen Tag. Es ist nicht nur von der Musik her sehr abwechslungsreich, sondern auch die Dienste sind mal mehr, mal weniger geballt. Ich mag es, dass meine Arbeit sich nicht in routinierten Abläufe bewegt. Natürlich gab es im Laufe der Jahre bessere und schlechtere Zeiten, sowohl mit dem Orchester als auch persönlich.

Können Sie das Orchester-Repertoire jetzt rauf- und runterspielen?

Linke: Man kennt vieles, aber hat nicht das ganze Repertoire verfügbar. Allerdings braucht man nicht mehr so lange, um ein Stück wieder präsent zu haben. Auf der anderen Seite geht man jedes Mal wieder neu an die Musik heran — auch das wird nicht langweilig. Denn ich kann heute ein Stück hören und erlebe es morgen schon wieder ganz anders.

Am Sonntag spielen Sie Mozarts einziges Konzert für diese Besetzung.

Linke: Er mochte ja eigentlich die Flöte nicht, das hat er immer wieder gesagt. Das Konzert hat er 1778 in Paris für den Duc de Guînes und dessen Tochter geschrieben. Sein Flötenspiel hat er sehr gelobt.

Der Herzog ist ihm aber auch auf die Nerven gegangen, wie Mozart an seine Mutter geschrieben hat. Schlägt sich das eventuell in ironischen Musikpassagen nieder?

Linke: Über das Verhältnis zu dem Herzog gibt es widersprüchliche Angaben. Das Stück ist jedenfalls wie aus einem Guss und sehr schön heiter beschwingt.

Als Sie 1976 beim Sinfonieorchester angefangen haben, war noch Hanns-Martin Schneidt Generalmusikdirektor. Wie haben Sie ihn und seine Nachfolger erlebt?

Linke: Jeder hat eigene Akzente gesetzt, jeder hat das Orchester auf seine Art weitergebracht. Schneidt kam ja von der Chormusik und machte entsprechende Programme. Peter Gülke war Musikwissenschaftler. Mit ihm wurden die Programme ausgefallener, und er hat die Werkstattkonzerte verstärkt. Unter George Hanson haben wir viel amerikanische Musik gespielt. Er hat uns auch die Qualitäten von US-Orchestern nahegebracht — beispielsweise deren strikte Präzision. Was Toshiyuki Kamioka geleistet hat, weiß ja jeder noch gut. Jetzt freue ich mich, dass es mal eine Frau ist.

Sie sind seit 1985 auch Hochschullehrerin — wie großen Raum nimmt das ein?

Linke: Ich sehe es als ganz wichtigen Aspekt, dass man mit jungen Musikern arbeitet und sein Wissen weitergibt. Wobei man als Lehrer mindestens genauso viel lernen kann wie der Student.

Kommen die Studenten heute mit anderen Vorkenntnissen als vor 30 Jahren?

Linke: Die Chancen für den Beruf haben sich halt sehr verändert — es gibt nicht mehr viele gute Stellen in Orchestern und Musikschulen. Das prägt die Studenten — sie sind viel umfassender und auf mehr Arbeitsfelder ausgerichtet.

Welche Musik hören Sie zuhause?

Linke: Wenn ich Musik höre, dann gerne etwas anderes als Klassik. Ich mag viel: Jazz, Pop, Rock, Weltmusik - Stimmen faszinieren mich.

Gibt es neben der Musik noch Platz für andere Dinge in Ihrem Leben?

Linke: Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten mit fernöstlichen Heilmethoden, bin Reiki-Meisterin und -Lehrerin. Die Beschäftigung mit dieser Form der Energieübertragung und Blockade-Lösung ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.

Ergänzt sich das gut mit der Musik?

Linke: Ja, denn die Musik bringt alles zum Vorschein, was in uns ist. Reiki setzt auf der körperlichen Ebene an und bringt dann auf der geistigen Ebene etwas in Bewegung. Es geht darum, dass man sehr bewusst lebt und sich Problemen konsequent stellt.

Sind Sie nach 40 Jahren noch nervös vor einem Konzert?

Linke: Eine Anspannung und ein leichtes Bauchkribbeln gehören dazu. Es wäre seltsam, wenn es nicht so wäre — außerdem fördert es die Konzentration. Wenn das Konzert anfängt, ist es aber sofort vorbei.