Wuppertal Von der Heydt-Museum: Degas und Rodin - Die Giganten der Moderne reisen an
Museumschef Gerhard Finckh über Edgar Degas und Auguste Rodin.
Wuppertal. Große Betriebsamkeit herrschte gestern im Von der Heydt-Museum. Zwei Tage vor der Pressekonferenz zur Ausstellung „Degas — Rodin. Giganten der Moderne“ wurden etliche große Skulpturen angeliefert. Dabei ist es nicht damit getan, sie durchs Fenster hereinzuhieven, auf den vorgesehenen Sockel zu bugsieren und auszupacken. Vielmehr begutachten sie der begleitende Kurier und die Kuratoren genau, um eventuelle Transportschäden festzuhalten.
Herr Finckh, sind Sie gut im Zeitplan?
Gerhard Finckh: Ja, kurz vor einer Ausstellung ist immer so viel los. Da laufen immer allerlei Kleinigkeiten auf, sind die Bilderhaken plötzlich nicht ganz gerade und Ähnliches.
Ihre Ausstellung stellt erstmals die Werke von Edgar Degas und Auguste Rodin umfassend nebeneinander, konfrontiert sie auch. Haben sich die beiden Künstler gut gekannt?
Finckh: Auf jeden Fall haben Sie sich gekannt. Es ist eine Briefkarte erhalten, auf der sich Degas mit der Anrede „Mein lieber Rodin“ für einen Gefallen bedankt. Für zwei Veranstaltungen ist auch belegt, dass beide eingeladen waren — unter anderem zu einem Essen bei Monet in Givenchy. Aber im Paris des 19. Jahrhunderts ist man sich als Künstler sowieso immer wieder begegnet.
Was verbindet die beiden in ihrer künstlerischen Arbeit?
Finckh: Es gibt sehr viele Parallelen. Beide haben Malerei und Grafik gemacht, beiden haben die impressionistische Skulptur erfunden — Rodin mit seiner „Maske des Mannes mit der zerbrochenen Nase“ und Degas mit seinen Tänzerinnen und Pferden. Beide haben sich mit dem Leben in all seinen Facetten beschäftigt — also auch mit der sozialen Unterschicht, Alter und Krankheit. Und beide waren fasziniert von der Fotografie. Degas hatte selbst einen Apparat; Rodin hat sich oft fotografieren lassen und die Fotos teilweise übermalt.
Gibt es auch eine Ähnlichkeit in der Methodik?
Finckh: Das ist besonders interessant, denn beide haben eine Vorform der Collage-Technik intensiv genutzt. Degas hat beispielsweise ein Bild mit drei Tänzerinnen gemalt. Später hat er eine abgeschnitten und auf der anderen Seite einen Papierstreifen dran gesetzt, damit die verbliebenen Figuren mehr Bewegungsspielraum haben. Rodin hat Gips-Teile von Figuren, aus denen der Bronzeguss entstand, in neuem Zusammenhang verwendet. Die Formen für den „Heiligen Johannes, der Täufer“ — ein Mann, der geht — hat er ein paar Jahre später erneut verwendet, aber Kopf und Arme weggelassen: So entstand der bekannte „Schreitende Mann“.
Macht das auch die Modernität der beiden aus?
Finckh: Man muss die Entwicklung sehen. Beide kommen aus dem Klassizismus, haben sich anfangs an der Antike und der Renaissance orientiert. Wie sie später scheinbar fertige Werke noch mal ändern und diese Änderungen auch nicht verbergen — darin sind sie sehr modern. Wir haben ein Blatt von Degas mit einer Bewegungsstudie, von der man meinen könnte, sie ginge schon in Richtung Abstraktion. Rodin und Degas waren Wegbereiter für viele — etwa die Dadaisten und Surrealisten.
Hatten Sie damit auch zu Lebzeiten Erfolg?
Finckh: Beide hatten große Skandale, beiden wurde unter anderem vorgeworfen eine Figur direkt vom Modell abgegossen zu haben, statt sie selbst zu formen. Degas war zwar anerkannt, hat seine Skulpturen danach aber nie mehr öffentlich gezeigt. Man hat sie erst nach seinem Tod gefunden und dann in Bronze gegossen. Rodin hat sich auch mit Hilfe von Freunden gegen die Vorwürfe gewehrt. Als sie widerlegt waren, hat der Staat ihn mit großen Aufträgen bedacht. Am Ende war er sehr wohlhabend und weltberühmt.