Muskelspiele am Dirigentenpult: Musiker haben Spaß
Tzimon Barto und Toshiyuki Kamioka — zwei ungleiche Ausnahmekünstler, zwischen denen die Chemie stimmt.
Wuppertal. Es kommt nicht oft vor, dass sich Toshiyuki Kamioka den Taktstock aus der Hand nehmen lässt. Normalerweise hüpft, schwingt und tänzelt der japanische Wirbelwind derart gestenreich auf dem Dirigentenpult, dass es für einen Neben-Mann ohnehin keinen Platz gäbe.
Doch Tzimon Barto ist beherzt genug, um dem Wuppertaler Chef-Dirigenten den „Thron“ streitig zu machen. Flink sprintet er auf die Bühne, greift zum Stock und spielt den Dirigenten.
Die Musiker staunen — ihr Chef ist schlichtweg überrumpelt. Genau das bleibt natürlich nicht ohne Folgen: Die Stimmung im Amsterdamer Konzertsaal ist bestens. Das Orchester wirkt gelöst, aber konzentriert — und wer sein Amsterdam-Debüt geben darf, hat ohnehin gut lachen. Auch Kamioka nimmt die scherzhaften Muskelspiele mit Humor: Dass die Chemie zwischen dem Chef-Dirigenten und dem Solisten aus Florida stimmt, zeigt sich bereits bei der Anspielprobe. Der gebürtige Japaner war es auch, der die Idee hatte, den US-Musiker mit nach Amsterdam zu nehmen.
Denn Kamioka kennt die dortige Musikszene und weiß: Wer aus der Ferne kommt und im ehrwürdigen Concertgebouw bestehen will, muss alles haben — eigene Qualitäten, ein attraktives Programm und einen namhaften Solisten. Das Rezept geht auf — nicht nur bei der Probe.
Im anschließenden Konzert ist Kamioka allerdings so in seinem Element, dass den Zuschauern der Atem stockt: Wackelt da etwa das Podest? Doch der 50-Jährige reagiert im geeigneten Moment: Nach der Pause schiebt er als erstes das Pult in Stellung und prüft mit der Hand, ob es weiterhin halten dürfte. Der Chef-Dirigent lässt sich eben nicht vom Sockel stürzen — das schafft nicht einmal das eigene Temperament.