Organist Gereon Krahforst lässt den Mond aufgehen
Gereon Krahforst interpretierte das Kinderlied „Der Mond ist aufgegangen“ genauso wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“.
Wuppertal. Unauffällig stand die gläserne Box mit der Aufschrift „Themenvorschläge“ in einer Ecke des Foyers, daneben leere Zettel. Wer wollte, konnte im 2. Orgel-Akzent in der Stadthalle Ideen liefern, über welche Melodie der Organist Gereon Krahforst improvisieren sollte. Ob er sich tatsächlich aus der Kiste bediente, blieb unklar: Auf jeden Fall aber hob er den einen oder anderen Zettel auf sein leeres Notenpult.
Doch im ersten Teil des sehr mager besuchten Konzertes stellte der in Bonn geborene Musiker Bearbeitungen vor — die meisten von ihm selbst geschaffen. In Zeiten, als es noch keine Tonträger gab, waren solche Umarbeitungen von Opern oder Orchesterwerken für Tasteninstrumente üblich, um die Stücke bekanntzumachen. In der Stadthalle jedoch blieben die wenigen Zuhörer zurückhaltend.
Das Vorspiel zu Wagners Oper „Tannhäuser“ präsentierte Krahforst, einen Satz aus Bachs Doppelviolinkonzert, und ein Thema mit Variationen von Mozart. Doch mit den vielen Nuancen eines Orchesters kann die Orgel bei aller Kunstfertigkeit nicht mithalten.
Krahforst zeigte in seinem Programm auch nicht das Bombastische und Mitreißende dieser Königin der Instrumente, sondern — passend zum Konzertsaal — eher die kammermusikalische Seite. Er spielte witzig und virtuos eine Polka-Variation von Rachmaninov und fingerfertig die „Variations sérieuses“ von Mendelssohn Bartholdy.
Beeindrucken konnte der nur schüchtern hinter seiner Bank hervortretende Organist jedoch vor allem mit seinen Improvisationen. In einem großen Harmonie-Gebäude versteckte er das Kinderlied „Der Mond ist aufgegangen“ und variierte anschließend rund zehn Minuten lang den berühmten Hochzeitsmarsch von Mendelssohn Bartholdy. Er umspielte die Hauptmelodie oder gestaltete sie in Dreiklängen, wechselte die Register und schuf so immer neue Klangfarben und Eindrücke.
Als drittes schälte sich aus einem dramatischen Klanggebilde Elgars „Land of Hope and Glory“. Mit symphonischer Wucht ließ der Organist die Hauptmelodie hervortreten, um sie dann geschickt weiterzuspinnen und immer wieder neu zu drehen.
Ob er sich all diese komplizierten Wendungen wirklich erst in diesem Moment ausdachte? Es war im Konzert nicht auszumachen. Den begeisterten Applaus quittierte er mit einem musikalischen Augenzwinkern: In „Mer losse d’r Dom en Kölle“ ließ er auch die Glocken aus dem Fernwerk erklingen, das sich über der Decke des Saals befindet. „Eigentlich bevorzuge ich ja Originalwerke — aber durch seine Improvisationen hat mich Gereon Krahforst versöhnt“, sagte anschließend auch die Zuhörerin Rosemarie Wiederholt und sprach damit sicherlich vielen Gästen aus dem Herzen.