Sandstein ist zäh, Marmor zickig: Christiane Püttmann gibt groben Steinen ein fein geschliffenes Gesicht

Die 53-Jährige hat erst eine Ausbildung in der Apotheke absolviert, bevor sie die wahre Erfüllung fand: Sie liebt Steine.

Wuppertal. Die Steine belagern alles. Regale, Schemel, Boden: Wenn Christiane Püttmann von der Gasse in der Zimmermitte abweichen will, muss sie erst Quader, Säulen und Skulpturen beiseite räumen.

"Ich suche dringend neue Räume", sagt die Steinbildhauerin und seufzt. Gerade mal 60 Quadratmeter messen die beiden Zimmer zusammen, die sie in einem alten Fabrikgebäude in Wichlinghausen gemietet hat. Der weiße Steinstaub tunkt alles in Weiß und dringt selbst ins Faxgerät ein. Doch die Suche nach einer neuen Werkstatt gestaltet sich schwierig.

Zum einen benötigt Püttmann ein Tor, um schwere Steinblöcke mit einem rollbaren Minikran von ihrem Pickup zu heben und zum Arbeitsplatz zu fahren. Zum anderen macht das Steineklopfen Krach, bringt aber wenig Geld ein. Hohe Mieten kann die 53-Jährige also nicht zahlen.

Doch Hindernisse konnten Püttmann noch nie schrecken. Seit langem stellt ihre Liebe zu den Steinen alle anderen Bedürfnisse in den Schatten. Mit 17 Jahren folgte sie zwar noch den Empfehlungen der Familie und absolvierte eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin: "Da gab es keine Diskussion drüber, ich wurde zu meiner Tante in die Apotheke geschickt."

In ihrer Freizeit fertigte sie "akribische Bleistiftzeichnungen" - Gesichter und Münder. "Dann kamen menschliche Formen und dicke Weiber dazu." Diese Themen überwiegen bis heute. Fein - geschliffene Gesichter tauchen aus grob gehauenen Marmorblöcken auf, daneben sitzen immer wieder gut genährte Frauenpopos, die am Bauchnabel enden.

Mit 39 Jahren sprang die Künstlerin ins kalte Wasser und begann allen kritischen Stimmen zum Trotz in Wuppertal eine Steinmetz-Lehre. Hatte sie ihre reguläre Arbeitszeit hinter sich, klopfte sie zu ihrem eigenen Vergnügen weiter, haute und schliff selbst am Wochenende. "Irgendwann habe ich dann einen freien Abend eingeführt." Sie sparte Geld und sammelte Werkzeug.

1998 kam der große Moment. Im Morsbachtal eröffnete sie in einem alten Schmiedekotten ihre eigene Werkstatt. Doch die Freude währte nicht lange. Nachdem Püttmann schon zweimal nach einem Hochwasser alles auspumpen musste, brannte 1999 das Haus nieder. Werkzeuge waren kaputt, viele Steine ebenso.

Also fing sie kurze Zeit später an der Wichlinghauser Straße noch einmal von vorne an, absolvierte zudem einen Schweißkurs zur Abrundung ihrer Fähigkeiten. Die ersten größeren Arbeiten bestätigten sie in ihrem Weg, etwa das Denkmal für verstorbene Kinder am Friedhof Ehrenhainstraße in Vohwinkel.

Daneben fertigt sie Auftragsarbeiten und Kleinplastiken: Blumen, Gesichter und Popos für den Garten oder das Kaminsims. Die Kunden kommen meist über Mund-zu-Mund-Propaganda.