Sinfoniker wirbeln im Höllenfeuer
Orchester, Chor und Solisten überzeugen mit Dvoráks Requiem. Immer wieder wechseln Chorparts mit denen der Solisten ab, was höchste Konzentration aller Beteiligten verlangt.
Wuppertal. Mit Antonin Dvoráks "Stabat mater" hatte die letzte Saison der Chorkonzerte in der Stadthalle geendet, mit seinem Requiem starteten am Totensonntag das Sinfonieorchester, der Chor der Konzertgesellschaft und Solisten in die neue.
Obwohl er tiefgläubig war, schrieb Dvorák sein Requiem nicht für die kirchliche Liturgie, sondern für den Konzertsaal. Es wirkt weniger geheimnisvoll wie das Mozart-Requiem, weniger spektakulär wie das apokalyptische Werk von Berlioz, ist nicht so reich an opernhaften Ohrwürmern wie Verdis Totenmesse und nicht so tröstlich wie das "Deutsche Requiem" von Johannes Brahms.
Dennoch berührt das b-Moll Werk des Prager Tonschöpfers von 1830 mit der markanten Leitmotivik tief - besonders, wenn es in einer so ausgefeilten Aufführung präsentiert wird wie in Wuppertal. Beim jungen, kanadischen Gast-Dirigenten Charles Olivieri-Munroe ist das opulente Werk in besten Händen.
Immer wieder wechseln Chorparts mit denen der Solisten ab, was höchste Konzentration aller Beteiligten verlangt. Elena Fink (Sopran), Stefanie Schaefer (Alt), Cornel Frey (Tenor) und Martin Krasnenko (Bass) bilden das Solistenquartett mit beweglichen und gut miteinander harmonierenden Stimmen.
Auch die Wuppertaler Sinfoniker glänzen mit engagiertem Spiel: Das Höllenfeuer ("Confutatis maledictis") malen die Musiker in erregten Instrumentenfarben, Pauken wirbeln und Posaunen künden vom Inferno des jüngsten Gerichtes. Die "Tuba mirum"-Einleitung aber mahnt leise und beklemmend an die Schrecken, die den Menschen erwarten.
Erst der zweite Teil des 13-sätzigen Requiems klingt versöhnlicher. Freudig ist das lichte "Offertorio", das im "Sanctus" fast jubelnd endet. Die Phrase "Libera eas" (Bewahre sie) zitieren die einzelnen Chorabteilungen immer wieder wie beschwörend, bis im bewegenden "Pie Jesu" (Milder Jesus) Solistenterzett und fünfstimmiger Chor um die Ruhe der Toten bitten.
Ruhig und erlöschend klingt das Requiem im "Agnus Dei" aus, nachdem das Leitmotiv des Todesmarsches noch einmal aufgeflackert ist - ewige Ruhe und Verdammnis lagen für Dvorák offensichtlich dicht beieinander.