Spießer sammeln Sympathie-Punkte
„Eine gute Partie“ fesselt die Zuschauer im TiC-Theater.
Wuppertal. "Eine gute Partie": Wer bei dem Titel an eine lukrative Heirat denkt, sieht sich bald eines Besseren belehrt. Im TIC-Theater ging die Premiere des gleichnamigen Stückes erfolgreich über die Bühne - begleitet von viel Gelächter.
Zwar geht es in der Komödie von Stefan Vögel vor allem um zwischenmenschliche Beziehungen, der Titel des Stücks aber steht zunächst für eine gute Partie Schach und allem, was dazu gehört - nämlich ein würdiger Gegner. Nach dem Tod seiner Frau ist Fred Kowinski (Hansotto Rademacher) ein richtiges Ekel geworden.
Sein Wochenalltag besteht aus zwei Terminen, auf deren genaue Einhaltung Fred penibel achtet: Dienstags kommt sein alter Freund Walter (Joachim Rettig) zum Schachspielen, mittwochs ist Freds Sohn und Staubsaugervertreter Leonard (Torsten Kress) - nach Freds Meinung ein Versager - zu Besuch. Den Rest der Woche verbringt der alte Grieskram in seiner verwahrlosten Wohnung - Whisky trinkend.
Leonard versucht, mit Hilfe von Haushälterinnen Ordnung in Freds Wohnung und Leben zu bringen. Es gibt nur ein Problem - und das ist Fred selbst. Vehement schafft er es, jede Haushälterin zu vergraulen. Doch als die resolute Rosalinda (Martina Wortmann), deren Nachnamen "Hundsheimer" Freds Angriffslust nur noch zu steigern scheint, für diese Aufgabe vor der Tür steht, wird seine Welt innerhalbvon vier Wochen auf den Kopf gestellt.
In der kurzweiligen neuen Produktion geht es um weitaus mehr als um Ordnung und Schach. Es geht um Freundschaft und um allzu menschliche Macken. Vögel geht in seinem Stück bis an die Grenzen des Ertragbaren - etwa wenn sich Fred mit dem Vokabular eines frustrierten Kriegsveteranen, der sich zwischenzeitlich noch im Jahr 1943 zu befinden scheint, einen Blitzkrieg mit der Polenwitze erzählenden "Hundsheimer" liefert.
Das Thema "Einsamkeit im Alter" wird auf phänomenale Weise auf eine humoristische Ebene heruntergebrochen, die eine durchaus ernste Botschaft hat: Man ist nie zu alt, um aus seinen Fehlern zu lernen.
Das Publikum amüsiert sich köstlich über die beiden tragisch-komischen Figuren Fred und Walter, die wie die älteren Herren aus der Muppet-Show an die spießigen, aber liebenswerten Loriot-Charaktere erinnern und mit schauspielerischer Überzeugungskraft Sympathie-Punkte im Zuschauerraum sammeln.
Martina Wortmann scheint die Rolle der starken Rosalinda auf den Leib geschneidert zu sein. Obwohl "Rosies" Stimmungsschwankung in der zweiten Hälfte ein wenig verwundert, muss sie doch viel aushalten, um dann ein wenig schnell das Handtuch zu schmeißen. Aber der Zuschauer verzeiht gern - hat er das amüsante "Martyrium" schließlich hautnah miterlebt.
Regisseur Raik Knorscheidt hat sich Einiges einfallen lassen und sorgt nach der Pause kurzzeitig für Verwirrung, indem er modernes Sodom und Gomorrha auf die Bühne bringt - mehr wird nicht verraten.
Regie: 4 Punkte (von jew. 5)
Bühne: 4 Punkte
Schauspieler: 5 Punkte