Theater: Wenn der „Mann“ zum Roboter wird
Die Bühnen führen ein radikales Theaterstück der Moderne neu auf.
Wuppertal. Dieser „Mann“ ist oberhalb ein Roboter mit eckigem, schwarzem Rumpf, der grellfarbig expressionistisch mit geometrischen Formen gestaltet ist. Beine und Arme aber stecken im schwarzen Trikot. Eine Kugelhand hält eine langstielige Sichel, die andere einen runden Schild mit Gesichtsformen. Auch vom Kopf-Kasten glotzt eine grimmige Fratze. Keine Frage: Hier gibt sich einer männlich und sehr kriegerisch.
Im Rahmen der Ausstellung „Der Sturm“ im Von der Heydt-Museum bringt Juan Allende-Blin eine rekonstruierte Fassung des Theaterstücks „Mann“, das Lothar Schreyer 1917 für die Bauhaus-Bühne kreiert hat, ins Kleine Schauspielhaus. Das Bühnenwerk wirkt ebenso fremd und kurios wie ästhetisch und kreativ. Denn die beiden Agierenden stecken in Großmasken. „Mann“ alias Tenor Marcus Ullmann praktiziert eine knappe Stunde lang mit großer Perfektion das von Schreyer favorisierte „Klangsprechen“ — eine Art rezitierenden Sprechgesang, bei dem man die Wörter der semantischen Dimension entledigt und Gefühlswerte in mystische Klänge und harsche Geräusche übersetzt.
Für heutige Ohren ist die Hoch-Niedrig-Modulation, das Schreien und Flüstern, das lang gezogene Heben und Senken der Stimme ein ungewohntes Hörerlebnis. Im geschichtlichen Kontext aber, weil das Bauhaus eine Neuerung aller Künste anstrebte, ist das Stück erlebbar: Das Gesamtkunstwerk Farbe-Form-Figur-Raum-Sprache-Klang brach damals mit dem konventionellen Theater. Und zu den sinnfreien Lautgedichten des Dadaismus war es kein weiter Schritt.
„Mann“ jongliert mit harten Konsonanten-Klängen ebenso wie mit hoch-säuselnden und weichen Vokal-Tönen, posiert weitgehend im Stand mit tänzelnden Schritten oder vorsichtigem Beugen des Oberkörpers sowie mit kämpferisch-energischem Auftreten. Zum Sprachklang gesellen sich ab und zu Trommelschläge (Jochen Büttner) — mal zart, mal aggressiv.
Ein weiteres Gestaltungelement ist eine ausgezeichnete Lichtregie, die die grellen Primär- und Sekundärfarben in unterschiedlichsten Schattierungen zeigt. Und die Großfigur „Frau“ oder „Mutter Erde“ (Annette Elster, die nur wenige Male die Worte „Erde“ intoniert) mit Strahlenkranz und vorwiegend mit Kreisformen dekoriert, kann sich drehen und mit aufklappbaren Flügeln den Raum füllen. Doch beide Figuren bleiben statisch und isoliert, nur zum Schluss gelingt eine vorsichtige Annäherung — vielleicht im Tod, wie das letzte Wort suggeriert.