Theater Gott des Gemetzels lässt die Fassade bröckeln
Wuppertal · Die Inszenierung der bitterbösen Komödie im TiC sorgt für unbändiges Gelächter und donnernden Applaus.
Für unbändiges Gelächter und donnernden Applaus sorgt Yasmina Rezas „Der Gott des Gemetzels“ beim TiC-Publikum. Die bitterböse Story gibt es allemal her. Zwei Elfjährige prügeln sich. Ergebnis: zwei ausgeschlagene Zähne. Das Stück zeigt die Eltern, die den Streit ihrer Söhne in Ruhe besprechen wollen. Doch das gesittete Gespräch heizt sich rasch auf, und nach den Kindern verlieren auch die gebildeten, gut situierten Erwachsenen die Kontrolle über sich selbst.
Das Thema Gewalt ist ebenso aktuell wie international. Deshalb kann Regisseur Thomas Gimbel die Handlung mühelos von Frankreich nach Deutschland verlegen. In einer perfekt durchgestylten Wohnung (Ausstattung: Jan Bauerdick und Benedikt Fiebig) treffen die Elternpaare aufeinander. Obwohl Sebastian Freund und Elisabeth Wahle Business-Anzüge bevorzugen und die Gastgeber Alexander Bangen und Sabine Henke es lieber leger mögen (Kostüme: Mariola Kopczynski) – am Anfang wiegen die Gegensätze nicht schwer.
Auch der entstandene Schaden scheint sich gütlich regeln zu lassen. Dann aber entbrennt ein Streit darüber, welcher Junge eigentlich die Schuld hat. Wo beginnt die Gewalt? Mit dem ersten Schlag? Oder nicht doch mit der ersten Beleidigung?
Als Mutter des Geschädigten kommt Sabine Henke ganz groß raus. Ihre Augen blitzen und der Mund zittert, bevor sie sich wortgewaltig empört („Gewalt geht uns alle an.“) Doch die Fassade der moralisch überlegenen Intellektuellen bekommt Risse. Dass der anderen Mutter übel wird, macht ihr keine Sorgen – solange ihre wertvollen Bücher dabei keinen Schaden nehmen.
In die Haare kriegt sie sich auch mit ihrem Mann, der die Wogen glätten will. Er nennt sich Choleriker“, tatsächlich überzeugt er als Drückeberger, der seinen Ehefrust zu lange in sich hineingefressen hat – und der nun umso aggressiver hervorbricht.
Mit Zahnpastalächeln und feinen Manieren wirkt Elisabeth Wahle tadellos. Es ist eine gut gespielte Tarnung. Ihrem Partner wirft sie den Egoismus vor, von dem sie selbst beherrscht wird. Schließlich wird das „Muttertier“ zur Furie.
Sebastian Freund glänzt als offensichtlicher Fiesling, der ständig am Handy hängt und damit allen auf die Nerven geht. Rhetorisch kann er bei Henkes Tiraden mithalten und sieht in ihr vielleicht deshalb eine Geistesverwandte. „So langsam werden Sie mir sympathisch.“
Termine: Das TiC zeigt „Gott des Gemetzels“ wieder am 26 und 27. September sowie ab dem 10. Oktober. Karten unter 0202-472211 oder