Atelierbesuch Wuppertaler Multitalent: Die WZ zu Gast bei Christian von Grumbkow (mit Video)
Wuppertal · Die WZ hat den Maler, Musiker und Dozenten Christian von Grumbkow in seinem Atelier in Schloss Lüntenbeck besucht.
Ganz früher waren hier Pferde zu Hause, zuletzt Regale eines Lagers aufgestellt. Zwischendrin durften die hohen Räume mit ihren Bogenfenstern und heute weiß getünchten Steinmauern des ehemaligen Stalls schon einmal Kunst atmen. Seit 2019 nutzt Christian von Grumbkow die 220 Quadratmeter samt Lager im Seitentrakt von Schloss Lüntenbeck. Das Atelier des Malers, Dozenten, Musikers und „Enno und Christa Springmann“-Preisträgers ist vieles: Eine Galerie für Kunstinteressierte, wohl aufgeräumte und großzügige Werkstätte und ein „wunderbarer und inspirierender Ort der Ruhe“, sagt der 76-Jährige und meint damit auch die Umgebung mit ihrem Teich und dem vielen Grün.
Mit fünf Jahren kam er nach Wuppertal, weil der Vater sich beruflich veränderte, zur „Glanzstoff“ ging. Die Familie verließ nicht nur die bürgerliche Villa in Hochdahl, sondern auch ihr beschauliches Leben, das für Christian eng mit Natur, dem Basteln mit natürlichen Materialien verbunden war. Stattdessen begann 1951 ein Leben in einer immer noch vom Krieg versehrten Stadt, deren Anblick den Jungen verunsicherte. „Ich habe mich zurückgezogen, viel gemalt und gezeichnet. Das war eine Art Selbsttherapie“, erinnert der Künstler. Was er mitnahm, war die Nähe zur Natur, die bis heute in seinen Bildern geblieben ist – nicht plakativ, eher spürbar.
Später, in der Schule, wurde die Kunst zum Fach, das stets sein Weiterkommen sicherte. Und weil er von Rudolf Schoofs gehört, einige Arbeiten des namhaften Nachkriegskünstlers gesehen hatte, ging er eines Tages einfach zur Werkkunstschule in Elberfeld. „Ich stellte mich vor – und er sagte: ‚Schreib dich ein‘.“ Von 1966 bis 1971 studierte er bei Schoofs, wurde schließlich sein Meisterschüler. Besonders wichtig wurden ihm die Studienreisen nach Südfrankreich, wo er Landschaften malte und sich vom behüteten Elternhaus emanzipierte. Dort sei es zwar schön gewesen, „die Welt aber war spannender“. Schoofs sei ein Faun gewesen, der Genuss und Lebensfreude vermittelte, motivierte, auf Augenhöhe kommunizierte. Vor allem aber „hat er mir beigebracht, zu gucken, und das Gesehene mit künstlerischen Materialien umzusetzen“. Und weil die Bilder damals direkt im Rahmen des deutsch-französischen Austauschs der Öffentlichkeit gezeigt und gekauft wurden, stellte sich auch gleich finanzieller Erfolg ein.
Konkurrenz erwuchs an anderer Stelle: Zu Christian von Grumbkows Kindheit gehörte das Erlernen eines Instruments, zu seiner Jugend die Musik der Beatles. Unter ihrem Eindruck gründete er mit seinen Brüdern eine Skiffle-Band und trat in kirchlichen Jugendhäusern auf. „Ich merkte, dass ich mit Musik Menschen erreichen kann.“ Also schrieb er Texte, die eine „naive politische Haltung und bildungsbürgerlichen Hintergrund“ verbanden. Aus „The Beatkids“ erwuchs die „Action Issue Blues Band“ und 1970 „Hölderlin“. Die Art-Rockgruppe war gefragt, „wir waren viel unterwegs“. Die Zeit für Familie und seinen Lehrauftrag an der Folkwangschule Essen (den er von 1970 bis 1977 hatte), wurde knapp, Zerrissenheit und nervliche Belastung wuchsen. „Ich wurde krank.“ So schied er 1977 aus der Band aus. Dass er sich damals für die Malerei entschied, sein Equipment verkaufte und nur eine Gitarre behielt, die er seinem Sohn gab, habe er nie bereut. Zumal damals erfolgreiche Jahre mit der Galerie Epikur begannen.
Christian von Grumbkow stellt das Bild „Erleichterung“ für die WZ-Kunstauktion zugunsten der Tafeln in Wuppertal und Krefeld zur Verfügung. Gesteigert werden kann vom 16. bis 22. Dezember. Das Bild kann auch im Atelier des Malers besichtigt werden. Näheres zur Auktion:
„Ich male keine Botschaft, keine Gedanken, ich male Farbe.“ Worte, die auf der Website stehen, die sich der Maler erarbeitet hat. Nach dem vorzeitigen Tod des Bruders und Seelenverwandten Joachim im Jahr 1990, läutete er „einen Paradigmenwechsel“ ein. „Ich kaufte Ölfarbe, brachte diese auf Leinwand auf und griff mit den Händen hinein. Wühlte, malte.“ Erfuhr so am eigenen Leib, „was Farbe mit uns macht“. Grumbkow malt nicht konzeptionell, plant nicht minutiös vor. Er geht von einem Impuls aus, dem, was er an einem Ort intuitiv erfährt. Die Farbe inspiriere dann, Schritt für Schritt. Eine Botschaft sei damit nicht verbunden, die Farbe selbst sei die Botschaft, sagt er.
Themen, die ihn bewegen, sind die Kooperation mit anderen Künstlern und sein soziales Engagement. Gerade arbeitet er als einziger Maler mit neun Kunstschaffenden im „Wald & Sturm“-Projekt, das 2019 begann. Wiederbelebung der schon in jungen Jahren für ihn bedeutsamen Umweltthematik. Er übermalt Fotos von entwurzelten Baumstämmen, Baumstümpfen oder Ästen, arbeitet an einer Installation aus Ästen. „Spannende Momente“ seien das, „die für die Kommunikation wichtig sind“, weg vom Narzissmus der Zeit, hin zu Kooperation.
Außerdem hilft er mit seiner Kunst anderen. Er finanzierte zum Beispiel Deutschkurse für Flüchtlingskinder in der Alten Feuerwache oder macht regelmäßig bei der Initiative „Kunst kann’s“ mit. Und nun auch bei der WZ-Auktion zugunsten der Tafel (siehe Kasten).
Der Krieg, der schon die Kindheit prägte, holte auch ihn in diesem Jahr ein. Direkt am 24. Februar, als Russland die Ukraine überfiel, ging er ins Atelier, schuf ein aufwühlendes Bild. Beginn einer farbintensiven Serie. Er spürte Spannungen, ein Unwohlsein, die er in Wut umsetzte. „Ich wühlte mich mit den Händen durch die Farbe.“ Er fror die Vehemenz ein, damit sie für den Betrachter nachvollziehbar ist. „Ich bin doch Träger der Emotion.“ Zeigte sie bei der Ausstellung „Krieg und Frieden“ im September in Solingen. Die Pandemie bescherte ihm über das Internet einen Verkaufsboom und Kreativitätsschub. Die Serien „The Covid Papers“ und „Power Packs“ entstanden – wilde expressive Landschaften, die der Isolation Aktivismus entgegensetzen.
Drei Jahre arbeitet Christian von Grumbkow nun in seinem Schloss-Atelier, wohnt in Küllenhahn. Immer schon wollte er aus Wuppertal weg und kehrte immer wieder gerne zurück in die „ruhige bergische Metropole“.