WZ-TV: Ingeborg Wolff - die Wuppertaler Knef

Die 65-Jährige lässt Hildegard Knef wieder auferstehen. Die beliebte Schauspielerin stellt ihr neues Programm am Sonntag im TiC-Theater vor.

Wuppertal. Die erste Stufe auf der Karriereleiter nahm Ingeborg Wolff nicht etwa unten, sondern ganz oben: auf dem Dachboden. "Acht oder neun" war die heute 65-Jährige, als sie merkte, dass eine echte Schauspielerin keinen realen Romeo benötigt, um die berühmteste Balkonszene aller Zeiten probeweise zu genießen. "Ich hing als Julia über dem Balken, habe den Speicher angeschmachtet und gedacht: Das willst Du irgendwann mal machen."

Theaterfans wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist: Längst gehört Wolff zu Wuppertals gefragtesten Schauspielerin - und hat ihren persönlichen Romeo gefunden. Zusammen mit ihrem Mann Peter Lütke lebt sie in der Nordstadt. Zwei Künstler unter einem Dach: Da kann die Rollenverteilung schon mal zur persönlichen Herausforderung werden. Denn Lütke, der als Inspizient für Pina Bausch arbeitet, hilft seiner Frau regelmäßig beim Text-Lernen. Zuhören soll er - wozu er allerdings eine ganz eigene Meinung hat. "Wenn er mir sagen will, wie ich etwas betonen soll", wehrt sich die Schauspielerin mit einem liebevollen Seufzer. "Dann sage ich: Ich habe schon einen Regisseur. Der reicht mir."

Ein Glück also, dass sie den Mann, mit dem sie ab Sonntag ihre Abende verbringt, ebenfalls gut kennt: Stefan Hüfner begleitet die Schauspielerin nicht zum ersten Mal. Diesmal sitzt er am Klavier, weil Wolff singend bekennt: "Ich brauch Tapetenwechsel". Der Titel ist Programm, denn die Vollblutschauspielerin wandelt wieder auf den Spuren von Hildegard Knef: Den ersten Chanson-Abend gab’s an den Wuppertaler Bühnen, diesmal zieht es die Elberfelderin ins Cronenberger TiC-Theater.

Wolff lässt die Knef wieder auferstehen, "weil ich längst noch nicht alles erzählt habe". Und weil sie keine einmalige Kopie, sondern eine beständige Schwester im Geiste ist. Auch sie kennt den Anspruch, Mutter und Schauspielerin zu sein, die Familie und das Leben als öffentliche Person "unter einen Hut zu bringen. Da gibt es sehr sehr viele Parallelen zwischen uns."

Erfolg in Deutschland, Schiffbruch in Hollywood: Umjubelt, beneidet, geschmäht und gehasst war die Grenzgängerin, an der Wolff vor allem "die Brüche ausgesprochen spannend findet". Was sie besonders fasziniert? "Dieses Immer-Weiter-Gehen. Die Knef hat sich immer wieder neu gefunden, geschrieben, gesungen, Theater gespielt."

Umso wundersamer sind Wolffs private Vorlieben. Wer hätte schon gedacht, dass eine renommierte Schauspielerin ausgerechnet Seifen-Opern sieht? Ingeborg Wolff tut’s - aus einem guten Grund. "Viele meiner Schauspielschüler gehen zum Fernsehen. Ich muss doch wissen, was aus ihnen geworden ist."

Die Dozentin, die an der Folkwang-Hochschule unterrichtet, verpasst deshalb so gut wie keine Folge, wenn wieder einer ihrer Schützlinge vor laufender Kamera liebt, leidet oder lacht. Zum Beispiel Roman Rossa (ZDF "Julia - Wege zum Glück"). Der Hauptdarsteller hat sein filmreifes Lächeln bei Wolff gelernt.

Ihre ganz eigenen Wege zum Glück sucht die 65-Jährige übrigens auf der Kaiserhöhe. "Ich bin immer unter Druck, der Tag reicht nie aus", sagt Wolff, die zwei Patentrezepte gegen Anspannung und Lampenfieber gefunden hat. Sie spült gerne ("weil ich immer so kalte Hände habe und sie dann warm werden") oder tankt frische Luft. "Die Spaziergänge holen mich wieder runter, wenn mein Kopf sagt: Jetzt brauchst du eine Pause."

Die gibt es allerdings auch als "Ruheständlerin" nicht allzu oft. Denn die Geschichte, die ganz oben begann, geht auf hohem Niveau weiter: Zwar hat sich die langjährige Ensemble-Schauspielerin im Herbst 2008 als Mutter Courage offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Doch das Theater geht munter weiter. Ab Oktober ist der Publikumsliebling wieder an den Wuppertaler Bühnen zu sehen - diesmal als Gast-Star. Einen Monat zuvor führt Wolff zum ersten Mal im TiC-Theater Regie. Dann ist der Titel ("Bezahlt wird nicht") hoffentlich nicht Programm...