Laien könnten künftig das Wort Gottes verkünden
Der katholischen Kirche fehlen die Priester. Mitglieder der Gemeinde könnten einige Aufgaben übernehmen — auch am Sonntag.
Einst war der Herr Pfarrer das Zentrum seiner Gemeinde, der gute Hirte seiner Herde. Doch inzwischen müssen sich immer weniger Hirten um immer größere Herden kümmern. Seelsorgebereiche fusionieren zu immer größeren Einheiten, die der leitende Priester längst nicht mehr überblicken kann. Von einer Krise spricht Kardinal Rainer Woelki in einem Brief an die Seelsorger des Erzbistums Köln. Immer häufiger könnten Pastoralstellen nicht mehr besetzt werden.
Diese Entwicklung zeigt sich auch in Wuppertal. Dort gehören die 26 Kirchorte zu sieben Seelsorgebereichen, in denen rund 30 Seelsorger tätig sind. Tendenz sinkend, „Damit können wir das sonntägliche Programm mit mehreren Messen in jeder Gemeinde in Zukunft kaum aufrecht erhalten“, bestätigt Werner Kleine. Der Pastoralreferent der katholischen Citykirche sieht die Krise jedoch als Chance, nach kreativen Lösungen zu suchen und die Zukunft der Kirche mitzugestalten.
„Für uns Katholiken spielt die Eucharistie eine sehr zentrale Rolle. Noch haben wir in fast jeder Kirche eine Heilige Messe am Sonntag. Doch ich bin nicht sicher, ob das auch für die mittlere Zukunft gilt.“ Noch lehne Kardinal Woelki reine Wortgottesdienste am Sonntag ab und rate den Gläubigen, die nächste Kirche aufzusuchen, in der eine Messe stattfinde. „Die Realität sieht aber anders aus.“
Werner Kleine kann sich im Sinne Papst Benedikts, der von der Sakramentalität des Wortes sprach, durchaus vorstellen, dem Evangelium mehr Gewicht zu geben. „Ein Wortgottesdienst ist kein Ersatz für die Eucharistie, aber eine Möglichkeit, dass die Gemeinde sich versammelt.“ In anderen Bistümern wie Aachen ist das auch sonntags bereits liturgischer Alltag.
Im Erzbistum Köln sind Wortgottesdienste noch auf Werktage begrenzt. In der Citykirche beginnt jedoch Anfang kommenden Jahres ein Kurs, der Laien zu Wortgottesdienstleitern ausbildet. „Dafür sprechen wir Menschen in den Gemeinden gezielt an, denen wir eine solche Aufgabe zutrauen“, berichtet Kleine.
Er rechnet mit rund 50 Teilnehmern, die innerhalb eines Jahres das liturgische Handwerk in Theorie und Praxis lernen, mit Kirchenmusik, Sprech- und Stimmbildung für den Auftritt am Ambo geschult werden. Die ersten könnten Pfingsten 2018 ihren Dienst aufnehmen. „Zunächst an Werktagen, in Zukunft aber sicher auch sonntags.“
Langfristig müsse die Kirche die Frage nach dem Priestertum ganz neu stellen und dabei gehe es nicht um den Zölibat. „Er ist sicher diskutabel, aber nicht das Problem. Denn auch die Zahl der Pastoralreferenten ist rückläufig“, sagt Werner Kleine. Er plädiert vielmehr dafür, dass die Kirche und ihre Gläubigen sich von der mittelalterlichen Vorstellung des Priesters als einer höhren Seinsstufe verabschieden müssten. „Für eine Entklerikalisierung ist die Zeit noch nicht reif, doch die Reform ist bereits in vollem Gang.“
Es gehe darum, den Priester und seine Funktion neu zu definieren, ohne alles bisherige zu verraten. „An dieser Schwelle stehen wir schon, können das Neue aber noch nicht benennen“, betont Werner Kleine. Er ruft die Kirche zum Aufbruch auf, um ihren Weg mit den Mitteln der Theologie mitzugestalten.