Medizin und Gesundheit Leben mit Krebs: Rund 300 Teilnehmer bei Patientenkongress in Wuppertal

Wuppertal · Die Veranstaltung von Helios Klinikum und Deutscher Krebshilfe fand in der Historischen Stadthalle statt.

Beim Patiententag stellten sich auch zahlreiche Selbsthilfegruppen vor, hier Eva Leroy (l.) und Julia Hoefer vom Lungenkrebs-Netzwerk.

Foto: Kevin Bertelt

Sie haben in jungen Jahren eine Krebsdiagnose bekommen, sind aber jetzt geheilt. Und konnten beim Patiententag „Leben mit Krebs“ von Helios Klinikum und Deutscher Krebshilfe in der Historischen Stadthalle am Samstag davon berichten. Torben Schwarzbach (32) und Marius Mones (30) waren zwei der Patienten, die vor Publikum erzählten, wie sie ihre Erkrankung erlebt haben. Diagnose und Therapie erläuterten ihre Ärzte Dr. Oliver Schmalz, Leiter des Onkologischen Zentrums des Helios-Klinikums, und Dr. Blasius Liss, Koordinator des Onkologischen Zentrums.

Bei insgesamt vier solcher Podiumsgespräche im Offenbach-Saal berichteten Patienten und Mediziner davon, wie sie ihre Diagnose erlebten, welche Behandlungsmöglichkeiten und Hilfsangebote es gibt, wie Angehörige mit der Situation umgehen und was jeweils geholfen hat. Mut machend sagte Dr. Oliver Schmalz: „Wir heilen 60 Prozent unserer Patienten.“ Und Dr. Blasius Liss betonte: „Wir wollen nicht den Krebs behandeln, sondern den Menschen.“

Im Foyer konnten sich Besucherinnen und Besucher an mehr als 20 Ständen informieren. Hier stellten sich zahlreiche Selbsthilfegruppen vor von Brustkrebs-Betroffenen bis Kehlkopfoperierten; es wurden Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten erklärt wie Hautscreening mit KI, Gewebeproben mit der Stanznadel oder die Tastuntersuchung der Brust. Die Patientenlotsinnen des Helios-Klinikums stellten sich vor, desgleichen die Krebsberatungsstellen in Wuppertal Solingen und Mettmann und das Team der Psychoonkologie des Helios-Klinikums.

Viele Zuhörer hatte der Vortrag von Dr. Heinz-Wilhelm Esser, Oberarzt im Sana-Klinikum in Remscheid und als „Doc Esser“ bekannter Autor und TV-Mediziner. Er sprach über „Das Prinzip der Mutigen – wie wir aus Krisen gestärkt herausgehen“.

Beim Podiumsgespräch erklärte Ex-Patient Torben Schwarzbach, dass es Belastung, aber auch Extra-Motivation war, dass er für seine junge Familie überleben wollte – seine Frau war gerade schwanger. Auch Marius Mones erzählte von der großen Unterstützung seiner Familie. Beide berichteten, dass die Nachsorge-Untersuchungen sie immer neu mit dem „Schreckgespenst Krebs“ konfrontieren, sie aber Wege gefunden haben, damit umzugehen.

Doc Esser: Geistige Flexibilität
hilft bei der Bewältigung von Krisen

Bei einem anderen Podiumsgespräch berichtete eine ehemalige Krebspatientin, dass ihr die Selbsthilfegruppe sehr geholfen habe und dass sie auch mit fünf Jahren Abstand noch Panik vor der Nachsorge-Untersuchung habe. Das sei ganz normal, sagte Tim Reuter, Leiter der Psychoonkologie des Helios-Klinikums. Die Angst, dass der Krebs zurückkehrt, sei eines der Hauptthemen der Psychoonkologie.

Er erklärte, dass Betroffene die Situation ganz unterschiedlich verarbeiten, auch Verdrängen gehöre mal dazu. „Wir ermutigen die Menschen, ihren eigenen Weg zu finden“, betonte er. Hilfreich sei es, wenn es gelinge, die Krankheit zu akzeptieren, auch wenn das nicht immer erreicht werden könne.

Auch Dr. Heinz-Wilhelm Esser alias Doc Esser weiß, dass Akzeptanz dazu führt, dass sich Patienten mehr um sich kümmern und besser an Therapievorgaben halten. Sein Thema war vor allem, wie es gelingen kann, insgesamt guten Mutes zu bleiben – nach einer Krebsdiagnose und in anderen Krisen. „Gesundheit beginnt im Kopf“ ist sein Credo. Er hat sich damit beschäftigt, warum manche Menschen besser durch Krisen kommen als andere. Und hat Tipps: Etwa, die Fähigkeit zu trainieren, auf neue Situationen zu reagieren. Das sei im Alltag an vielen Stellen möglich. So könne man mal mit der anderen Hand die Zähne putzen, mal einen anderen Weg im Supermarkt gehen.

Diese Flexibilität helfe auch, größere Probleme zu bewältigen. Wobei er ebenfalls sagt, man dürfe auch mal den Kopf in den Sand stecken, auch trauern. Wer sich das zugestehe, komme leichter wieder heraus und sei dann bereit, die neue Situation zu akzeptieren. Um das Leben positiv zu sehen, helfe es, Dankbarkeit zu üben. Außerdem helfe Sport, gerade bei einer Krebstherapie, wie Studien belegten. Den Tipp einer Zuhörerin, dass Musik hilfreich sei, bestätigte er – auch wenn dazu noch Studien fehlten.

„Es tut einfach gut, solche Tipps zu hören“, sagte anschließend eine Besucherin (61). Sie hatte Brustkrebs, war erfreut, ihre Ärztin wieder zu treffen. Und wollte sich noch an den Ständen informieren. „Das ist eine tolle Sache hier.“

Sehr angetan waren auch Nicole Hiemcke (55) und Markus Müller (53). Er hat Lymphdrüsenkrebs hinter sich, sie wird gegen Brustkrebs behandelt und unterstützt die Selbsthilfegruppe, der sie beigetreten ist. „Sehr informativ“ sei der Veranstaltung, sagte sie, lobte den Doc-Esser-Vortrag und den Stand, der erklärte, wie Pathologen Gewebeproben untersuchen: „Jetzt habe ich das richtig verstanden.“ Bemerkenswert fand Besucher Abdullah Aykoc (32) vor allem die jungen Patienten: „Es ist beeindruckend, dass sie so stark sind und nicht aufgegeben haben.“