Lehrstellen in Wuppertal: Niemand will Bäcker oder Fleischer werden

In diesem Jahr bleiben viele Ausbildungsplätze unbesetzt — auch wegen untauglichen Bewerbern.

Wuppertal. Mehr als 1000 Wuppertaler suchen eine Lehrstelle oder einen Ausbildungsplatz. Gleichzeitig sind bei der Agentur für Arbeit mehr als 500 Ausbildungsplätze gemeldet, die unbesetzt sind. Weiter hat besonders das Handwerk große Probleme, offene Stellen zu besetzen. Die bisher unbeliebten Ausbildungsstellen sind auch in diesem Jahr noch frei — doch es mangelt auch an qualifizierten Bewerbern.

Sascha Bomann, Leiter der Berufsausbildung bei der Wuppertaler Kreishandwerkerschaft: „Leider ist es auch in diesem Jahr so, dass wir viele Stellen nicht besetzen können. Die Problemkinder sind wieder die Bäcker und Fleischer.“ Das Beispiel der Wuppertaler Bäckereien sei verheerend: In diesem Jahr wurden erst zwei Lehrverträge für Bäcker abgeschlossen, Bäckereifachverkäufer will bisher niemand werden. Auf der anderen Seite stehen vier Bäcker- und 15 Fachverkäufer-Lehrstellen, die unbesetzt sind. „Früh aufstehen, lange und wechselnde Arbeitszeiten, Arbeit am Samstag — das alles mache den Beruf für viele junge Menschen unattraktiv“, sagt Bomann.

Auch die IHK meldet noch unbesetzte Ausbildungsstellen in Wuppertal. Vor allem Kaufleute im Groß- und Einzelhandel werden gesucht. An Platz drei der negativen Hitliste steht eine eigentlich beliebte Ausbildung: Bei den IT-Fachleuten gibt es zwar genügend Bewerber, viele sind aber nicht geeignet. „Es genügt nicht, dass man sich für Computer interessiert und World of Warcraft spielt“, überspitzt Ralph Oermann von der IHK das Problem.

Die befürchteten negativen Auswirkungen des doppelten Abijahrgangs sind auf dem Ausbildungsmarkt ausgeblieben: „Viele haben befürchtet, dass besonders die guten Realschüler von den Abiturienten verdrängt würden — aber das ist nicht der Fall“, sagt Timo Psotta von der Agentur für Arbeit.

Aber was machen die vielen neuen Abiturienten, wenn sie nicht an den Arbeitsmarkt drängen? „Die strömen an die Universitäten“, sagt Psotta. „Besonders die G8-Abiturienten machen oft auch zunächst ein Jahr Praktika oder verbringen Zeit im Ausland.“

Zu dieser Einschätzung passt auch Sabrina Roj, die sich am Dienstag im BIZ an der Hünefeldstraße informierte. Sie hat in diesem Jahr am Gymnasium St. Anna ihr Abi gemacht und wartet auf einen Platz als Au Pair- Mädchen in den USA. „Danach würde ich gerne eine Ausbildung im Bereich visuelles Marketing machen. Deshalb informiere ich mich jetzt schon, damit ich nach dem Jahr nicht rumeiere.“ Einen überharten Konkurrenzkampf sieht auch sie nicht: „Wer von meinen Freunden schon eine feste Vorstellung hatte, hat jetzt auch eine Ausbildung bekommen.“

Auch für die vielen unbesetzten Stellen gibt es noch Hoffnung. Ralph Oermann: „Weil der Unterricht in den Berufsschulen erst Mitte September beginnt, ist noch viel Bewegung im Ausbildungsmarkt.“