Leonid Goldberg: „Das war reiner Antisemitismus“
Mitglieder der jüdischen Gemeinde beobachten den Prozess.
Wuppertal. „Das ist alles gelogen.“ Leonid Goldberg, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde, macht aus seiner Skepsis keinen Hehl. Er und einige Gemeindemitglieder haben am Mittwoch den ersten Tag des Prozesses um den Anschlag auf die Synagoge verfolgt. Dass die Täter spontan handelten, und nichts gegen Juden haben, wie sie erklärten, kann er nicht glauben. Das Motiv, Aufmerksamkeit auf den Nahost-Konflikt zu lenken, kann er nicht akzeptieren: „Wir hatten genug Aufmerksamkeit damals“, sagt er, und: „Ich halte die Tat für reinen Antisemitismus.“ Zwei der Angeklagten seien aus Dschenin im Westjordanland: „Der Konflikt betraf aber Gaza.“
Nach den Folgen des Anschlags gefragt, versucht Leonid Goldberg zu relativieren. „Die Ereignisse vorher waren schlimmer“, sagt er mit Blick auf die zahlreichen antisemitischen Äußerungen bei Demonstrationen zur Nahost-Situation, die im Sommer Schlagzeilen machten.
Mit einem Anschlag habe man rechnen müssen: „Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas passiert. Die Frage war nur: was und wo?“ Ob die Gemeinde nun Angst habe? Jeder Jude habe Angst, sich zu erkennen zu geben: „Kein Mensch traut sich mit Kippa auf die Straße.“
Deutlich emotionaler schildert Rokella Rachel Verenina, Sängerin und Chorleiterin der Gemeinde, wie der Anschlag auf sie wirkte: „Ich war zwei Tage krank.“ Sie sei total aufgewühlt gewesen. „Eigentlich fühlte ich mich in Wuppertal sicher.“ Das sei auch heute wieder so. Aber das Sicherheitsgefühl habe der Anschlag damals erschüttert.
Sie hat sich den Prozess angesehen, weil sie wissen will, was für Menschen hinter dem Anschlag stecken. Auch sie kann die Aussagen der Angeklagten nicht glauben: „Es ist eindeutig, dass sie nicht die Wahrheit sagen“, meint sie ebenso wie Goldberg. Der hat keine große Erwartung an die zu erwartenden Strafen: „Was soll schon dabei herauskommen?“, sagt er achselzuckend.