Die meisten tippen auf Brasilien

Heute startet die Fußball-WM in Russland. Die WZ hat bei Wuppertalern Tipps eingeholt.

Foto: Anna Schwartz

Mit Anpfiff der WM fiebern in Wuppertal traditionell auch viele Sportler und Trainer mit Wurzeln in anderen Ländern mit ihren Teams. Wie viele Spieler aus WM-Nationen im Fußballkreis dem Ball hinterherjagen, kann der Fußballkreisvorsitzende Stefan Langerfeld (sein WM-Tipp lautet: Brasilien) zwar nicht sagen, verweist aber auf die ungebrochene Integrationskraft des Fußballs vor Ort. Deutlich zeigte sich das etwa beim 125. Geburtstag von Grün-Weiß Wuppertal vor vier Jahren, als der Verein zählte, aus wie vielen Ländern seine Mitglieder kommen und auf 35 (heute 37) kam. Hier begann die WZ ihren Stimmenfang.

Für den Senegal beispielsweise schlägt das Herz von Jean-Louis Tavarez. Der 46-jährige zehnmalige senegalesische Nationalspieler hatte sich nach der Jahrtausendwende in die Herzen aller WSV-Fans gespielt. Als WM-Favoriten hat er das deutsche Team neben Brasilien, Frankreich und Spanien auf der Liste. „Niemand spielt so diszipliniert wie Deutschland“, sagt der als Hitzkopf und Fußballkünstler bekannte „Tava“ voller Hochachtung. Auch dem Senegal traut er viel zu, wenn da nicht die Schwäche wäre, in der Quali immer weltklasse zu spielen und anschließend im Turnier zu versagen. Anders als zu seiner Zeit, als nur Suleymann Sane Profi gewesen sei, spielten heute alle senegalesischen Nationalspieler im Ausland. In der Gruppe mit Polen, Japan und Kolumbien dürfe man niemanden unterschätzen, auch wenn im Senegal selbst schon alle vom Gruppensieg sprächen.

Yassine Khadraoui, EX-WSV-Spieler

Von dem ist der Grün-Weiß-Pole Krzysztof Benedyk für seine Nation überzeugt. Die Mannschaft habe viele gute junge Spieler, mit Lewandowski und Bilik aber auch Stars. „Die können weit kommen“, so Benedyk, der aber Argentinien und Deutschland als Titelfavoriten nennt.

Grün-Weiß-Serbe Elbin Redzepoviv tippt, so wie viele Experten übrigens auf Frankreich, wenn es um den neuen Weltmeister geht.

Der Bruder von BHC-Spieler Arnor Gunnarsson, Aron, ist als Kapitän der isländischen Fußballnationalmannschaft einer der Protagonisten bei großen Turnieren. Vor zwei Jahren bei der EM in Frankreich, als Island die Herzen eroberte, war Arnor Gunnarsson selbst für ein paar Spiele Zeuge der Wikingerfestspiele geworden. Jetzt gibt er dem Urlaub den Vorzug. Fußball gucken will Gunnarsson trotzdem, drückt dem Team seines Bruders fest die Daumen. Das muss gleich im ersten Spiel gegen Argentinien ran, das für Gunnarsson der Top-Titelfavorit ist. „Aber im ersten Spiel ist vielleicht noch etwas möglich.“ Kroatien und Nigera seien allerdings ebenfalls starke Gegner auf dem Weg ins Achtelfinale. Deutschland traut Gunnarsson den erneuten Weltmeistertitel übrigens nicht zu („Ich denke Halbfinale“).

Genauso wie sein schwedischer BHC-Kollege Linus Arnesson, der auf Brasilien tippt. Die hätten nun wieder ein sehr gutes Team und neues Selbstvertrauen. Arnesson gibt sich ebenfalls als profunder Fußballkenner, spielt auch selbst gut. Dem schwedischen Team traut er zu, die Gruppenphase zu überstehen. In Gruppe F, wo außer Deutschland und Schweden auch noch Mexiko und Südkorea dabei sind, sei das auch für Deutschland kein Selbstläufer. Arnesson wäre nicht völlig überrascht, wenn der Weltmeister schon dort die Segel streichen müsste — wie bekanntlich drei der vier Titelverteidiger bei den jüngsten Turnieren.

Die marokkanische und die deutschen Staatsbürgerschaft besitzt Yassine Khadraoui, der in der vergangenen Saison beim Wuppertaler SV gespielt hat und nun einen neuen Arbeitgeber, möglicherweise im Ausland, sucht. Vorher steht für den 21-jährigen Düsseldorfer aber WM gucken ganz oben. Er traut der deutschen Mannschaft die Titelverteidigung zu, sieht die Löw-Elf neben Brasilien in der Favoritenrolle. „Ich glaube, dass sie es schaffen können. Deutschland ist eine Turniermannschaft, da darf man die Vorbereitung nicht überbewerten. Außerdem war Saudi-Arabien zuletzt kein schlechter Gegner, alle Spieler taktisch gut ausgebildet und ungemein schnell, da ist es immer schwer.“

Dem Geburtsland seiner Eltern, Marokko, billigt er in der starken Vorrundengruppe B mit Portugal und Spanien nur Außenseiterchancen aufs Achtelfinale zu. „Entscheidend ist das erste Spiel gegen den Iran am Freitag. Wenn sie das nicht gewinnen, ist es schon aus“, schätzt Khadraoui, der selbst bis zur U20 marokkanischer Auswahlspieler gewesen war. Mit drei Mann aus dem WM-Kader hat er noch gespielt. Die Mannschaft hat mit dem Ex-Bayer Benatia, Hakimi von Real oder den Deutschland-Legionären Harit (Schalke) und Bouhaddouz (St. Pauli) durchaus internationale Erfahrung. „Sie haben ihre WM-Qualifikationsgruppe gewonnen und sind seit 18 Spielen ungeschlagen“, weiß Khadraoui.

Lilia Rachmakow

Deutschland und Russland drückt BTV-Basketball-Trainerin Lilia Rachmakow (bisher Damen, jetzt U 16) die Daumen, erwartet aber von beiden Teams aber nicht allzu viel. „In Russland ist zwar das Geld da, aber man hat es verpasst, junge Spieler einzubauen, Deutschland ist für mich gerade im Umbruch, aber da sollte man dem Trainer vertrauen“, sagt die Russin, die in der Nähe von Sotschi, im Kaukasus geboren ist. Sie glaubt aber, dass der WM-Titel wieder nach Europa wandert, Richtung Frankreich oder Spanien. Von dem WM erhofft sie sich für Russland sowohl sportliche als auch gesellschaftliche Impulse: „Ich bin überzeugt, dass das Turnier auch organisatorisch hervorragend ablaufen wird. Wenn jetzt jemand sagt, er habe Sicherheitsbedenken, nach Russland zu reisen, ist das Blödsinn. Was hätte man denn da vor vier Jahren in Brasilien sagen sollen.“ Rachmakow selbst lässt sich von einer Cousine, die als WM-Volonteer in Moskau dabei ist, aus erster Hand informieren.

Spanien hätte der gebürtige Spanier Alfonso del Cueto vorher vielleicht auch als einen der Titelfavoriten auf seinem Zettel gehabt. Nachdem der Weltmeister von 2010 aber am Mittwoch Trainer Lopetegui rausgeworfen hat, meint er: „Die können gleich nach Hause fahren bei den internen Problemen.“ Dass Lopetegui vor der WM noch im Nationalteam verlängert hat und ausgerechnet jetzt sein neues Engagement bei Real bekanntwird, findet er unmöglich. Auch die deutsche Mannschaft habe Probleme, sei es wegen Özil und Gündogan, wegen der langen Hängepartie mit Neuer oder anderen Nominierungsrätsel („Nimmt Löw Petersen statt Wagner in den vorläufigen WM-Kader, dann streicht er ihn wieder.“). Von seiner ursprünglichen Prognose Argentinien, Frankreich, Deutschland und Spanien im Halbfinale rückt del Cueto deshalb ab. Bleibt für ihn als Top-Favorit Argentinien. „Messi und Co. müssen jetzt zeigen, dass sie etwas gewinnen können.“

Die Wurzeln von Cronenbergs Stürmer Alen Ruzic liegen in Kroatien. Von der Klasse her traut er Rakitic und Co. bei der WM alles zu. „Das Manko in den vergangenen Jahren war aber immer, dass sie keine Mannschaft sind. Und ich denke, daran wird sich auch bei dieser WM nichts ändern.“ Zudem gelte es erst einmal die Hammergruppe mit Argentinien, Island und Nigeria zu überstehen. Die besten Titelchancen sieht Ruzic bei Brasilien und Frankreich.

Alfonso del Cueto

Von vier Japanern, die in der vergangenen Saison für Vohwinkel und Cronenberg in der Oberliga auf Torejagd gingen, ist keiner mehr da. Mit Shun Terada, der zum Regionalliga-Aufsteiger Straelen wechselt, könnte es zumindest für den WSV ein Wiedersehen geben. Die Chancen seiner Nationalelf schätzt Terada als sehr niedrig ein, auch wenn Shinji Kagawa sein Lieblingsspieler ist. Er glaubt, dass Brasilien mit Neymar, Marcelo und Firmino Weltmeister wird. Auch Deutschlands Chancen schätzt er hoch ein, Timo Werner habe das Zeug zum Torschützenkönig der WM.

Für den ASV geht künftig der Tunesier Baddredine Derbel auf Torejagd. Seinem Heimatland traut er in der schweren Gruppe mit England und Belgien durchaus eine Überraschung zu, wenn sie Panama schlagen. Seine WM-Favoriten sind aber Deutschland und Brasilien.

In England, nämlich in Liverpool, geboren ist WZ-Marathon-Probandin Jennifer Cox. Alle zwei Jahre zu großen Titelkämpfen wird sie auch zum Fußballfan, liebt es in großer Runde zu gucken und findet Englands Ashley Young sowie das Trikot der Three Lions besonders gut. Sie drückt England und Deutschland die Daumen, wobei England schon lange keine Turnierqualitäten mehr habe beweisen können.