Schwimmen: Annäherung am Beckenrand
Seit dem 1.September kooperieren die SG Bayer und die Wasserfreunde.
Wuppertal. Die Revolution am Beckenrand vollzog sich langsam und in aller Stille. Bereits seit Monaten fiel auf, dass sich das traditionell angespannte und von Konkurrenzdenken geprägte Verhältnis zwischen den Wasserfreunden, die einst die große Wuppertaler Schwimmtradition begründet haben, und den in der jüngeren Vergangenheit erfolgreicheren Schwimmern des großen SV Bayer Wuppertal entspannt hat.
Wie selbstverständlich coachte Bayer-Cheftrainer Farshid Shami im Sommer vor der Jugendeuropameisterschaft Max Mral von den Wasserfreunden zusammen mit seinem eigenen Spitzenschwimmer Christian vom Lehn. Jetzt stellt sich heraus: ein Modell für die Zukunft.
Seit 1. September bilden die SG Bayer und die Wasserfreunde Wuppertal eine Trainingsgemeinschaft im Leistungsbereich. Und die Perspektive reicht noch weiter. "Erklärtes Ziel ist, nach einer einjährigen Pilotphase auch eine Startgemeinschaft zu gründen", sagt Wasserfreunde-Cheftrainer Axel Focke. Dass die nur SG Bayer heißen könne, weil von dort das Geld komme, sei selbstverständlich.
Ein solches Ansinnen würde insbesondere bei den Traditionalisten beider Vereine große Wellen schlagen, damit haben Shami und Focke gerechnet. Inzwischen haben sie sich aber die Zustimmung der Vorstände für das Pilotprojekt geholt.
"In Wuppertal haben wir mit dem Leistungszentrum und der Schwimmoper beste Voraussetzungen, seit einem Jahr sind wir Nachwuchsstützpunkt des DSV, da macht ein solches Bündeln der Kräfte Sinn. Mir geht es um die einzelnen Schwimmer, und wie wir sie individuell am besten fördern können", sagt Farshid Shami. Er kümmert sich weiter intensiv um die erste Trainingsgruppe, in die etwa auch Max Mral aufgenommen wird.
Geöffnet haben sich aber auch die zweite und die dritte Trainingsgruppe für Schwimmer der Wasserfreunde. Axel Focke soll vorrangig eine neue so genannte Spezialgruppe betreuen. Darin werden Schwimmer mit großem Potenzial trainiert, die aber derzeit aus schulischen oder beruflichen Gründen die zeitlichen Anforderungen der ersten Trainigsgruppe nicht erfüllen können, beispielsweise Markus vom Scheidt. "Sie können aber für die Vereine noch sehr wertvoll sein und haben jederzeit die Perspektive, wieder in die erste Trainingsgruppe aufzurücken", sagt Focke.
Die Chemie zwischen ihm und Shami stimmt, obwohl 20 Jahre Altersunterschied zwischen beiden liegen. "Das habe ich gleich gemerkt, als Farshid vor zwei Jahren hier anfing", sagt der 57-jährige Focke. Auch die neue - finanziellen Kürzungen geschuldete - Philosophie von Bayer, nicht mehr Schwimmer von außen einzukaufen, sondern eigene Talente aufzubauen, habe ihm die Annäherung erleichtert.
Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass es für die Wasserfreunde ein immer größerer Kraftakt ist, sich Trainer für den Leistungsbereich zu leisten. Künftig zahlt der SV Bayer einen Teil von Fockes Gehalt. Das wurde möglich, nachdem Nicole Endruschat, Trainerin der 2. Trainingsgruppe, gegangen ist, und zum 1. September durch Susanne Jedamsky ersetzt wurde.
Shamis zunächst für zwei Jahre gültiger Vertrag wurde inzwischen ohne Befristung vom Verein verlängert. Er soll an seinem Ziel weiterarbeiten, Schwimmer aus den eigenen Reihen an die nationale Spitze zu führen und kann dabei jetzt aus einem größeren Pool schöpfen.