Ludwig Erhard und die Jäger der verlorenen Schnäppchen
In der Uni-Halle feilschten Trödel-Fans um Raritäten vom Gummi-Flieger bis zur Langspielplatte.
Wuppertal. Während Pacific Airline noch gut im Futter steht, ist aus Air Berlin die Luft raus. „Kann man aufblasen“, sagt Aliyah Aktas und ist sichtlich stolz auf das Gummiflugzeug, das sie für zwei Euro erstanden hat.
Preise wie dieser rangieren fast schon im guten Mittelfeld beim Trödelmarkt, der am Sonntag wie jedes halbe Jahr in der Unihalle stattfand. Zu den echten Raritäten zählen 50-Cent-Münzen, denn das Gros der Ware wird auf den halben Euro heruntergehandelt, den die Kunden dann oft nicht klein haben.
„Wieviel?“, fragt Mehmed Selim folgerichtig und klingt fast schon ein wenig gereizt. „Zwei Euro.“ Nein, das will er gar nicht wissen. „Wie viel Stück?“ Die bange Frage des Kunden bezieht sich auf den Inhalt eines Plastiksäckchens. Ist der Satz Schachfiguren nicht komplett, kann man das Spiel knicken.
Mit einem freudigen Aufschrei stürmt Karin Weber derweil auf ein Bild zu. „Ist das cool!“ Die Begeisterung lässt sich schwer nachvollziehen, denn zu sehen ist ein Tanzpaar, von dem man nur vermuten kann, dass es sich um Patrick Swayze und Jennifer Grey handelt. Drei Tische weiter gibt es dazu sogar noch den passenden Film: Dirty Dancing. Fehlt nur das Abspielgerät, denn wer hat schon noch einen Videorecorder?
Das gleiche Problem betrifft die musikalische Abteilung, in der die Langspielplatte „Paranoid“ von Black Sabbath in der Frontreihe steht. Keine Frage, dass Bücher da schon das unkompliziertere Medium sind. Gerhard Wallandt schiebt eine Reihe gedruckter Gauguin-Bilder beiseite und wühlt durchs Angebot an Schmökern. Nichts dabei für seinen Geschmack. Dennoch gibt es nette Lektüre, darunter der 1957 erschienene Band von Alt-Bundeskanzler Ludwig Erhard: „Wohlstand für alle“. Dagegen ist nichts einzuwenden — nur, dass es nicht funktioniert hat. Wie sonst lässt sich erklären, dass alle Welt um 50 Cent feilscht?