Luisenviertel: Stabwechsel in „Dio’s Taverne“
Familie Tsanakidis zieht sich nach mehr als 25 Jahren aus der Gastronomieszene zurück. Der neue Pächter Jiryis Arraf will das bewährte Konzept aber fortsetzen.
Luisenviertel. Imbiss, Bude, Restaurant oder doch Grill? „Dio’s Taverne“ ist einfach „Dio’s Taverne“ — und Kult im Luisenviertel. Bis tief in die Nacht können sich an den Wochenenden dort Partygänger mit Gyros versorgen. Es gibt sogar Fans, die aus Wuppertal weggezogen sind und „Dio’s“ so vermissen, dass sie sich vom Besuch aus der Heimat selbst nach Hamburg ein Schälchen der Fleischhäppchen mitbringen lassen. Doch am kommenden Samstag ist für Familie Tsanakidis Schluss an der Obergrünewalder Straße. Nach mehr als 25 Jahren in der Szene „wollen wir uns entgastronomisieren“, wie Alexandra Tsanakidis erklärt. Doch bevor gerade bei den Fleischliebhabern die Schnappatmung einsetzt: „Dio’s“ macht weiter — der neue Betreiber, Jiryis Arraf setzt das Konzept fort. „Warum soll ich etwas Erfolgreiches verändern?“ Auch der Name „Dio’s Taverne“ bleibt.
Er geht auf Dionissios Tsanakidis zurück, Alexandras Vater, der 1993, damals noch an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße, den Laden seines Bruders Kosta übernommen hatte — und ihm den Namen „Dio’s Taverne“ verpasste. Nach so langer Zeit jetzt einen Schlussstrich zu ziehen, sei nicht einfach, sagt Alexandra Tsanakidis. Das „Dio’s“ sei immer Familiensache gewesen. Sie selbst, ihre Schwester Koralia und Bruder „Babi“ hätten seit Teenagertagen ihrem Vater und Mutter Claudia im Laden geholfen. Die Entscheidung aufzuhören, sei vor gut einem halben Jahr gefallen. „Die Belastung wurde einfach zu groß“, sagt Dio und seine Tochter ergänzt: „Wir wollen auch mal freihaben, wenn andere frei haben.“
Sieben Tage die Woche hatte „Dio’s“ auf. An den Wochenenden bis 5 Uhr morgens. „361 Tage im Jahr“, rechnet Alexandra Tsanakidis vor. Nur an Weihnachten, am ersten Weihnachtstag und an Silvester habe man den Laden geschlossen. „Und immer am Tag nach dem Luisenfest“, erklärt die 31-Jährige schmunzelnd. 60-Stunden-Wochen seien normal gewesen. „Die Arbeit hat unser Leben und vor allem das Familienleben bestimmt.“
Wie geht für die Tsanakidis’ weiter? „Erstmal besuchen wir unsere Oma in Griechenland“, erklärt Alexandra Tsanakidis. „Dafür hatten wir ja lange keine Zeit mehr.“ Danach wolle man gucken. Sie selbst hat Abitur, danach unter anderem im Cinemaxx gearbeitet. Ihre Schwester ist gelernte Friseurin. Doch beide arbeiteten eigentlich in Vollzeit bei „Dio’s“. „Jetzt gucke ich mal“, sagt sie entspannt. Vielleicht ein Studium, vielleicht eine Ausbildung, vielleicht ein anderer Job.
Dass sich die Familie mit Abschiedsgedanken trägt, ging im Viertel schnell rum, erzählt Fotograf Wolf Birke, der seit den 1970er Jahren im Luisenviertel arbeitet. „Es war lange Zeit die einzige Gastronomie dieser Art, wo man den Wirt und auch die Leute kannte“, erinnert er sich. Das „Dio’s“ sei ein Ort der Beständigkeit gewesen, während zum Beispiel an der Friedrich-Ebert-Straße die Gastronomien öfter wechselten.
Wie Alexandra amüsiert erzählt, machten mit der Nachricht vom vermeintlichen Aus für das „Dio’s“ aber auch diverse Grüchte die Runde. Von Krankheiten, Schwangerschaften oder Plänen zum Auswandern nach Griechenland war die Rede. „Alles Quatsch“, stellt die Familie klar.
„Das so viel erzählt wird, zeigt aber auch, wie wichtig das ,Dio’s’ ist“, sagt der neue Chef Jiryis Arraf. Viel ändern will er deshalb nicht. Für den 49-jährigen Palästinenser, der Gemeindesprecher der Arabischen Christen in Wuppertal ist und auch seine Familie mit in den Betrieb integrieren will, ist es eine Rückkehr in altbekanntes Terrain. Vor Jahren habe er schon Gastronomie in Wuppertal betrieben, arbeitete dann unter anderem für eine Versicherung, ehe er zuletzt mit einem Partner eine Firma für die Produktion von Shisha-Tabak hatte.
Ab Samstag folgt aber erst einmal eine kurze Schließung. Das habe eher rechtliche Gründe, was den korrekten Übergang angeht, erklärt Alexandra Tsanakidis. Am 1. Juli eröffnet das „Dio’s“ unter neuer Leitung dann wieder. Das Angebot und das Mitarbeiterteam bleiben, ebenso die Deko. „Es ist griechische Küche“, betont Arraf. Er selbst sei zwar kein Grieche, „aber ich habe ja viele griechische Freunde“. Und damit die Stammkundschaft auch weiterhin auf Gyros & Co. von „Dio’s’ setzt, „hat er natürlich alle Geheimrezepte von uns bekommen“, sagt Alexandra Tsanakidis lachend.