Religion Maria 2.0: Mehr Feiernde draußen als drinnen
Wuppertal · Zum Auftakt-Gottesdienst der Protestwoche vor der Kirche Mariä Empfängnis kamen rund 200 Unterstützer.
Sie sprechen mit lauter Stimme. Auch ohne Mikrophon und sonstige Verstärkung wissen sich die Katholikinnen der Initiative 2.0 Gehör zu verschaffen. Ihr selbstbewusster Auftritt bei der gestrigen Auftaktveranstaltung auf dem Vorplatz der Kirche St. Mariä Empfängnis hatte große Symbolkraft.
Während drinnen rund 100 Menschen an der regulären Messe teilnahmen, feierte draußen die doppelte Menge an Gläubigen aus dem gesamten Stadtgebiet einen alternativen Gottesdienst. Mit der Resonanz zeigten sich die Organisatorinnen aus Vohwinkel mehr als zufrieden.
„Wir hatten schon mit einigem Zuspruch gerechnet, aber das hier ist wirklich überwältigend“, sagte Mechthild Rohde, Sprecherin der katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (KFD) in der Pfarreiengemeinschaft Wuppertaler Westen. Sie und ihre Mitstreiterinnen übten einmal mehr deutliche Kritik am hierarchischen und männerdominierten System der katholischen Kirche.
Forderung: Lehre an
der Lebenswirklichkeit ausrichten
„Wir haben das Vertrauen in die Kleriker verloren“, stellte Mechthild Rohde klar. Sie forderte ein Umdenken, damit die Kirche nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinde. Mit ihrer Meinung war die Sprecherin der Pfarreiengemeinschaft nicht allein. „Diese Kirche alter Männer und verkrusteter Machtstrukturen ist völlig überholt“, urteilt Gottesdienstbesucherin Maria Schmidt. Auch aus ihrer Sicht seien Reformen überfällig. „Wenn die Kirche diesen Schritt nicht wagt, wird sie gerade in Europa keine Zukunft mehr haben“, glaubt sie.
Für Melanie Rogge ist es wichtig, dass sich die katholische Lehre an der Lebenswirklichkeit der Menschen ausrichtet. „Hier geht die Schere immer weiter auseinander“, warnt die Katholikin. Die Veranstaltung zeigte, dass die Thematik nicht nur die Frauen angeht. Auch viele Männer beteiligten sich am alternativen Gottesdienst. „Das Problem der hierarchischen Verhältnisse und des Machtmissbrauchs betrifft uns alle“, betont Wolfgang Schumann. Er fordert „keine einsamen Entscheidungen und eine Gemeinschaft auf Augenhöhe“.
Ein zentrales Anliegen der an der Initiative beteiligten Katholikinnen bleibt auch der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. „Die Vertuschung muss aufhören und wir wollen, dass die Täter angemessen bestraft werden“, betont Mechthild Rohde. Ihr sei klar, dass der Prozess der Erneuerung schwierig sei und lange dauern werde. „Wir müssen dicke Bretter bohren“, betont die Sprecherin.
Die beteiligten Katholikinnen befinden sich seit Samstag im Kirchenstreik. Bis zum 18. Mai wollen sie kein Gotteshaus betreten und keine ehrenamtlichen Arbeiten in der Gemeinde ausführen. Nach dem Vorbild der Münsteraner Initiative Maria 2.0 fordern sie weitreichende Reformen. Dazu gehören unter anderem der Zugang von Frauen zu allen Ämtern der katholischen Kirche und die Aufhebung des Pflichtzölibats.
Zustimmung und Kritik für die Aktion kommt von Stadtdechant Bruno Kurth. „Allemal ist es besser, beherzt in der Kirche aufzutreten und sich zu Wort zu melden, als stillschweigend aus der Kirche auszutreten“, lautet seine Meinung. Nicht gelungen finde er dagegen die Verknüpfung der verschiedenen Anliegen mit dem Umgang mit Missbrauch und sexueller Gewalt.
Am kommenden Dienstag, 14. Mai, ist um 18 Uhr noch eine Maiandacht vor der Kirche St. Mariä Empfängnis geplant. Einen Tag später gibt es auch vor der Kirche Heilige Ewalde in Cronenberg eine Maiandacht.