Premiere Diese Komödie geht an die Nieren

TalTontheater greift mit Stefan Vögels Stück ein brisantes Thema auf.

 Ärger um eine anstehende Nieren-Spende. (v.l.) Götz und Kathrin.

Ärger um eine anstehende Nieren-Spende. (v.l.) Götz und Kathrin.

Foto: Hermann Aldejohann

Was tun, wenn der Ehepartner eine Organspende benötigt – und man dieselbe Blutgruppe hat? Muss man spenden? Ist es verwerflich, sich um die eigene Gesundheit zu sorgen? Welche Reaktion würde man vom Partner umgekehrt erwarten? Als letzte Premiere der Spielzeit zeigte das Talton-Theater am Samstag Stefan Vögels „Die Niere“ – die ein wichtiges Thema gekonnt zwischen ernsthafter Debatte und bitterböser Komödie behandelt. Regie führt Benjamin Breutel.

Im Foyer des Theaters liegen Organspendeausweise inklusive Informationsmaterialien aus. Hier geht es also um ein ernstes Thema. Oder? Kathrin (Angela del Vecchio) braucht eine neue Niere. Ehemann Arnold (Dennis Ellerbrake), der als Spender infrage käme, zögert jedoch einen Moment zu lange. Als der gemeinsame Freund Götz (Robin Schmale) sich ohne Umschweife als Spender anbietet, fühlen sich seine Ehefrau Diana (Tabea Schiefer) übergangen und Arnold in seiner Ehre gekränkt. Dabei wollte er an diesem Abend seinen beruflichen Erfolg feiern: die Planung des 26-stöckigen Diamond Towers. „Er ist der Größte im Umkreis von einem Kilometer“, brüstet sich Arnold. Ob da wohl jemand etwas zu kompensieren hat?

Mit der Perücke wird auch
die Freundlichkeit abgelegt

Die vier Darsteller verstehen es, auf sehr unterschiedliche Arten bestens zu unterhalten: Dennis Ellerbrake mit wachsender Verzweiflung, Angela del Vecchio mit emanzipiertem Pragmatismus, Tabea Schiefer mal sensationsgierig, mal schnippisch und Robin Schmale mit ausgestopftem Bierbauch und gutmütiger Ahnungslosigkeit. Selbst bei größtem Gelächter seitens des Publikums bewahren die Schauspieler eine eiserne Mimik und steigern die unangenehme Atmosphäre des Doppel-Dates bis zum Äußersten. Der klinisch eingerichtete Wohnraum, der als Bühnenbild dient, unterstützt die unterkühlte Stimmung. Die Figuren werden mit Hilfe von starren Perücken, die an die Kopfbedeckungen von Barbie und Ken erinnern, teilweise ihrer Menschlichkeit beraubt.

Obwohl die bissigen Ping-Pong-Dialoge der vier prototypisch gestalteten Charakteren die gesamte Handlung einnehmen und sich das Geschehen keine Minute vom Esstisch entfernt, wird die Debatte nicht langatmig – im Gegenteil: Die humoristische Überzeichnung der unterschiedlichen Meinungen zum Thema Organspende enthält einen brisanten Kern, der jedem Zuschauer die Frage nach der eigenen Entscheidung stellt. Als eine Figur nach der anderen mit der Perücke auch die freundliche Fassade ablegt, nimmt das Stück einige überraschende Wendungen. Hier werden nicht nur verschiedene Moralverständnisse ausgelotet, hier kämpfen die Geschlechter gegeneinander. Ein Muss für Freunde des schwarzen Humors!

» Weitere Termine: 14. Juni, 15. Juni, 28. Juni, 29. Juni, jeweils 20 Uhr.