Mehr als ein Denkmal: Chinas Engagement in Wuppertal

Die Beziehungen zwischen der Stadt und der Volksrepublik erreichen eine neue Ebene. Der Schlüssel dazu: Engels.

Wuppertal. China. Der größte Wachstumsmarkt der Erde. Das Land in Fernost hat heute eine Magnetwirkung wie früher allenfalls die USA. Auch in Wuppertal suchen die Unternehmen Zugänge zum riesigen Markt, viele — wie etwa Schmersal, Coroplast, WKW, Knipex oder Vok Dams — sind dort bereits präsent, auch die Schulen bemühen sich um Kontakte und Austausch-Projekte. Neu ist die umgekehrte Richtung: Seit einigen Monaten bemüht sich China um Wuppertal. Der Schlüssel dazu: Friedrich Engels.

Was Wuppertal aus chinesischer Sicht aus vergleichbaren deutschen Großstädten hervorhebt, ist die Tatsache, dass hier eine der Gründungsfiguren der kommunistischen Weltanschauung geboren ist. Stadtdirektor Johannes Slawig formuliert es so: „Engels ist ein Bestandteil der chinesischen Kulturgeschichte.“ Die Reise zu Karl Marx’ Geburtshaus in Trier und ins Historische Zentrum in Wuppertal ist für Chinesen eine Reise zu den Wurzeln des eigenen Gedankenguts.

Der Anlass war der 190. Geburtstag von Friedrich Engels. An diesem Tag, dem 28. November 2010, besuchte Ma Kai, Generalsekretär des Staatsrats der Volksrepublik China, das Engelshaus. Zwei Stunden lang ließ er sich von Eberhard Illner, Leiter des Historischen Zentrums, durch Engelshaus und Museum für Frühindustrialisierung führen. Der Besuch beeindruckte den Gast offenbar so sehr, dass er am Tag danach der Stadt zusichern ließ: Wuppertal könne auf seine Unterstützung zählen, um die Stadt für chinesische Gäste interessant zu machen.

Das heißt, dass chinesische Partner sich bei der Neukonzeption des Engelshauses und des Museums für Frühindustrialiserung engagieren könnten. Zwar wird die Stadt sowohl die Sanierung des Engelshauses als auch die Neukonzeption der Ausstellung über Engels und seine Zeit ohne chinesische Unterstützung stemmen. Allerdings ist abzusehen, dass chinesische Partner sowohl mit Beratung als auch finanziell helfen könnten, etwa ein chinesischsprachiges Ausstellungs-Marketing, eine entsprechende Internet-Präsenz oder auch einen auf chinesische Gäste zugeschnittenen Souvenir-Verkauf aufzubauen. Auch bei der Vermarktung Wuppertals in China könnten die Partner helfen. Interessant für die Stadt ist das vor allem, weil Air China ab dem 27. März eine tägliche Direkt-Flugverbindung Peking-Düsseldorf anbietet.

Staatsrat Ma Kai hat es dabei nicht belassen, touristische Unterstützung anzukündigen. Der Stadt wurde unter anderem eine Städtefreundschaft zu einer chinesischen Metropolregion offeriert. Dieses Angebot wird geprüft. Peinlich für Wuppertal: Aufgrund der straffen Haushalts-Vorschriften kann sich die Stadt keine offizielle Städtepartnerschaft leisten. Im Raum steht zudem ein Austausch auf Kultur- und Wissenschaftsebene. Die Stadt hofft in jedem Fall darauf, dass von den nun angebahnten Kontakten zu chinesischen Regierungsstellen auch Wuppertals Wirtschaft profitieren könnte.

Sie ist für die chinesischen Partner ein wichtiges Symbol der engeren Beziehungen und der Freundschaft zu Deutschland und zu Wuppertal — ganz abgesehen davon, dass sie für chinesische Touristen als Fotomotiv interessant sein könnte. Die Stadt wird in jedem Fall bei der Gestaltung und beim Aufstellungs-Ort mitreden. Illner zufolge soll sie so platziert werden, dass sie Wuppertals bisheriges großes Engels-Denkmal, Alfred Hrdlickas „Die starke Linke“, nicht beeinträchtigt. Der chinesische Künstler Zeng Chenggang soll demnächst in Wuppertal die lokalen Gegebenheiten betrachten. Erst danach wird über die Denkmal-Frage weiter entschieden.

Nein. Alle Beteiligten der Stadt betonen, dass der Stadt die politischen Beziehung und der Austausch auch über politische Systemgrenzen hinweg wichtig sind. Es gehe darum, den chinesischen Partnern die deutsche Kulturtradition näherzubringen.