Mintchev übernimmt drei Rollen bei den Uptown Classics
Der 1. Konzertmeister ist zugleich Solist, Konzertmeister und Dirigent.
Aus dem Wuppertaler Sinfonieorchester ist er nicht mehr wegzudenken: Seit über 15 Jahren ist Nikolai Mintchev 1. Konzertmeister des Ensembles – obwohl er nach seinem Amtsantritt eigentlich nur für drei Jahre bleiben wollte. 1992 begann der gebürtige Bulgare sein Studium an der Folkwang Hochschule in Essen, an der er heute selbst unterrichtet, und wurde mit 22 Jahren Konzertmeister der Essener Philharmoniker, bevor er nach Wuppertal kam. Im Rahmen der Konzertreihe „Uptown Classics“, die an diesem Wochenende zum vierten Mal in der aktuellen Spielzeit Einzug in Spielstätten abseits der heimischen Historischen Stadthalle erhält, übernimmt Mintchev gleichzeitig die Rolle des Solisten, des Konzertmeisters und des Dirigenten. Eine reine Streicherbesetzung präsentiert Werke von Mendelssohn, Elgar, Bach und Britten.
Mintchev schätzt das reduzierte Format der „Uptown Classics“ als Abwechslung zu den Sinfoniekonzerten: „Es ist viel familiärer, die Atmosphäre freundlicher.“ Ohne einen Dirigenten sei das Ensemble flexibler, jeder einzelne Musiker sei gefordert, seinen Beitrag zu leisten. Als Konzertmeister ist Mintchev erprobt darin, während des Spielens in engem Kontakt mit seinen Musikerkollegen zu stehen. „Es ist eine Unterhaltung – im wahrsten Sinne des Wortes – ohne zu sprechen.“
Die Herausforderung seiner Doppelrolle beginnt allerdings bereits mit der Vorbereitung: Normalerweise entscheide der Dirigent, auf welche Art das Werk realisiert werden soll, erklärt der Konzertmeister, diesmal sei er dafür verantwortlich. Natürlich könnte man sich das Leben heutzutage leicht machen und sich im Internet von Aufzeichnungen des Werks inspirieren lassen, doch Mintchev ist nicht daran gelegen, etwas nachzuahmen: „Ich finde, wenn man schon Musik macht, dann muss es etwas Eigenständiges und Persönliches haben.“
In nur drei Proben erarbeitete das Ensemble das Programm, auf das Mintchev sich besonders freut: „Ich bin ein riesen Mendelssohn-Fan.“ Und doch sei dies seine erste Mendelssohn-Sinfonie in knapp 20 Jahren als Berufsmusiker. Elgars Streicherserenade habe Generalmusikdirektorin Julia Jones vorgeschlagen. „Ich kannte das überhaupt nicht“, gibt Mintchev zu, doch das Stück habe ihm gleich gefallen.
Während bei vergangenen „Uptown Classics“ unkonventionelle Orte, etwa ein Hörsaal der Bergischen Universität, bespielt wurden, wird diesmal auf bewährte Konzertsäle gesetzt: Freitagabend gastiert das Ensemble erstmalig im Historischen Bürgerhaus Langenberg, Samstagnachmittag wird das Konzert in heimischen Gefilden wiederholt: „Ich liebe die Immanuelskirche“, schwärmt Mintchev. „Akustisch ist es toll und es ist ein fantastisches Ambiente.“
Doch auch an das Konzert im Busbahnhof Varresbeck erinnert er sich gern, die Location sei absurd gewesen, aber „unglaublich cool“. „Man lernt seine eigene Stadt besser kennen, das ist auch für uns eine schöne Erfahrung.“ Theoretisch sei jeder Ort für ein Konzert denkbar, der genug Platz für die Besetzung biete und an dem die Akustik nicht allzu trocken sei.