Mutter verzweifelt an Behörde
Johanna Eckstein hat einen geistig behinderten Sohn und Anspruch auf Betreuungsgeld in Höhe von 400 Euro. Zuletzt wartete sie ein halbes Jahr auf die Auszahlung.
Es heißt, die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Das hat auch gerade Johanna Eckstein erfahren dürfen. Dabei ging es nicht um ein quälend langes Verfahren, um hart abgewogene Gerechtigkeit. Es ging um eine Formalität.
Eckstein ist Mutter eines 34 Jahre alten geistig behinderten Sohnes. Sie ist gesetzliche Betreuerin ihres Sohnes, der in einer Einrichtung in Wuppertal lebt. Für ihren Aufwand bekommt sie einmal im Jahr 399 Euro Entschädigung, die ihr aus der Landesjustizkasse vom Amtsgericht ausgezahlt werden. Eigentlich. Auf die letzte Zahlung hat sie nämlich ein knappes halbes Jahr warten müssen. Jetzt kam die Zuweisung zustande — auf Nachfrage der WZ.
Eckstein hatte sich zuvor an den Geschäftsleiter des Amtsgerichts gewand: „Uns ist es unverständlich, wie man so mit Angehörigen behinderter Menschen umgeht“, schrieb sie darin. Denn auch auf mehrere Nachfragen, habe sie keine zuverlässige Antwort bekommen, wann das Geld komme. Es gehe ihr nicht um das Geld an sich, sondern ums Prinzip. „400 Euro sind nicht die Welt“, sagt sie. Aber es sei traurig, wenn man wegen einer jährlichen Pauschale wie eine Bittstellerin aussehe.
Carmen Schlosser, Pressesprecherin des Amtsgerichts, sagte zwar, dass die Anweisung jetzt ausgegeben sei, aber das es in diesem Fall schon ungewöhnlich lange gedauert habe. „Leider ist der Antrag liegen geblieben, und konnte dann nicht direkt bearbeitet werden.“
Dahinter steckt ein generelles Problem, dass auch einige Wuppertaler Betreuungsvereine beschreiben. Denn das Gericht bekommt im Jahr 12 000 Anträge auf die Auszahlungen der Betreuungspauschalen. Davon sind etwa 2300 von ehrenamtlichen Betreuern, wie Johanna Eckstein es ist. Der Rest kommt von den Betreuungsvereinen und hauptberuflichen Betreuern, die von den Betreuungsgeldern leben und jedes Vierteljahr einen Antrag stellen müssen.
Aus der Erfahrung der Vereine heißt es, dass das Gericht personell nicht hinreichend ausgestattet sei. „Die Akten stapeln sich meterhoch“, weiß eines der Vereinsmitglieder, will aber nicht öffentlich genannt werden.
Wenn die Anträge sich aufstauen, kann das für die Berufsbetreuer existenzgefährdend sein. Das Gericht weiß das. Schlosser sagt: „Berufsbetreuer gehen vor“. Dafür bleiben die Anträge ehrenamtlicher Betreuer länger liegen. Schlosser sagt aber, es liege neben dem allgemeinen Notstand auch daran, dass das Gericht auf ein neues Zahlungssystem umgestellt habe — und vor allem an der Grippewelle im Winter.
Ein Wuppertaler Betreuungsverein bestätigt, dass es diesen Winter besonders schlimm gewesen sei. Aber es sei schon seit Jahren so, dass gerade ehrenamtliche Betreuer lange warten müssten. Dabei heißt es von mehreren Stellen, dass den Mitarbeitern des Gerichts nichts vorzuwerfen sei. So sagt etwa Thomas Isenberg vom Bergischen Betreuungsverein: „Ich weiß, dass das Gericht sich bemüht, es ist auf einem guten Weg.“
Es reicht aber offensichtlich nicht. „Die Betreuung durch Ehrenamtler ist ja gewollt“, sagt ein Vereinsmitglied. Denn so spare das Land Geld. „Aber dann muss man diese Menschen auch bedienen.“