Nach dem Hochwasser Wuppertal gründet Taskforce für Klima-Strategie

Wuppertal · Erste Fehler wurden von Stadt und Wupperverband identifiziert, jetzt sollen Konsequenzen folgen. Vor allem in Beyenburg und der Kohlfurth.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie kann zukünftig verhindert werden, dass ein Hochwasser so große Schäden verursacht wie vor zwei Wochen? „Eine offene und selbstkritische Analyse ist angesagt“, sagt Krisenstabsleiter Johannes Slawig. Erste Fehler wurden gefunden und sollen behoben werden. Für eine umfangreichere Analyse setzt Oberbürgermeister Uwe Schneidewind eine Taskforce ein, die eine umfassende Klima-Strategie erarbeiten soll. „Das sind ganz viele Einzelaspekte“, sagt Schneidewind. „Wir müssen uns, wie generell beim Thema Klimafolgenanpassung, hier ganz breit aufstellen, um Wuppertal krisensicherer zu machen.“

Kurzfristig sollen die Warnsysteme verbessert werden. Der Pegelstand der Wupper wird derzeit auf Höhe der Kluse gemessen. „Das ist vom Verlauf der Wupper so spät, dass Hochwasser in Beyenburg viel zu spät erkannt werden kann“, sagt Krisenstabsleiter Johannes Slawig. Ein neuer Pegel soll auch dort messen, außerdem soll der Wasserstand und der Abfluss der Wuppertalsperre erfasst werden und in Lageeinschätzungen einfließen.

Notrufe kamen nicht durch: Leitstelle soll erweitert werden

Zur Warnung der Bevölkerung gibt es derzeit 37 Sirenen im Stadtgebiet. „Ausgerechnet in Beyenburg und in der Kohlfurth gibt es keine“, sagt Slawig. 20 weitere sind geplant, doch es sei mit einer längeren Dauer durch Ausschreibungen und Lieferprobleme zu rechnen. In den beiden besonders betroffenen Stadtteilen soll die Beschaffung beschleunigt werden.

Auch das Notrufleitsystem der Feuerwehr soll ausgebaut werden. In der Unwetter-Nacht gab es in einer Stunde bis zu 1400 Notrufe. Viele konnten nicht angenommen werden, dafür ist die Kapazität nicht ausgelegt. Jetzt sollen „kurzfristige Erweiterungsmöglichkeiten“ geschaffen werden.

Die Taskforce soll nun langfristigere Maßnahmen erarbeiten und die Situation tiefergehend analysieren. Sie beginnt nach den Sommerferien mit der Arbeit und soll die Ergebnisse in einem Jahr Rat und Gremien vorlegen. Verschiedene Verwaltungsbereiche, deren Aufgabenbereich das Thema betrifft, werden auch mit externen Partnern zusammenarbeiten. So habe es eine Reihe von Anträgen aus Ratsfraktionen und von Initiativen gegeben, der Wupperverband werde eine ebenso wichtige Rolle spielen wie bergische Unternehmen, zählt Schneidewind auf.

Erste Ideen gibt es schon, sie entstanden unter anderem nach dem Starkregen im Jahr 2018 und für ein Programm zu Klimaschutz und vor allem Klimaanpassung, bei dem die Stadt im Prozess einer Zertifizierung ist. „Wuppertal beginnt zum Glück nicht bei Null“, sagt Klimaschutz-Dezernent Arno Minas. „Das sind Elemente, auf die wir zurückgreifen können. Die Möglichkeiten müssen wir in Anbetracht der Ereignisse nachschärfen.“

Eine solche Möglichkeit sind bauliche Maßnahmen, zum Beispiel am Mirker Bach, Leimbach und Schwarzbach. Kleinere Gewässer rücken vermehrt in den Fokus, wenn es um Überschwemmungen geht. Die Bäche fließen zum Teil in Rohren, es müsse nun geprüft werden, ob diese vergrößert werden könnten oder ob vor ihnen gezielt Überflutungsbereiche geschaffen werden können, sagt Slawig.

Freiräume für Gewässer sind Teil des Konzepts „Schwammstadt“, das im Gespräch ist. Dazu zählen außerdem entsiegelte Flächen und Gründächer. Es soll helfen, sowohl mit trockenen als auch mit nassen Zeiträumen besser umgehen zu können.

Land erhebt Schäden als Grundlage für Aufbauprogramm

Um bei einem Unwetter schneller reagieren zu können, sollen Bergische Universität, Wupperverband und Unternehmen ein Frühwarnsystem entwickeln, das künstliche Intelligenz nutzt. Dazu sollen Daten des Starkregens vor zwei Jahren und des Hochwassers vor zwei Wochenverwendet werden, mit denen auch die Hochwassergefahrenkarte und Starkregengefahrenkarte vervollständigt werden sollen. „Sie sind im Wesentlichen aktuell, aber insbesondere kritische Infrastruktur wie Altenheime sollen gegebenenfalls ergänzt werden, um früh Hilfe herbeischaffen zu können.“

Die Stadt hofft, für die Umsetzung der Maßnahmen Förderungen zu erhalten – zum Beispiel Mittel aus einem Wiederaufbaufonds für betroffene Regionen verwenden zu können. Das Land hat alle Städten und Gemeinden gebeten, bis zum 4. August eine Einschätzung zu den Schadenshöhen abzugeben, um eine Verhandlungsgrundlage in einer Ministerpräsidentenkonferenz zu haben.

Noch sei keine vollständige Übersicht vorhanden, sagt Slawig, doch der Schaden sei größer als zunächst gedacht. Er wollte dem Rat ein Budget von 30 Millionen Euro für Reparaturen vorschlagen, doch allein im Opernhaus werden rund 10 Millionen und in den Schulen 3,7 Millionen Euro benötigt, hinzu kommen unter anderem Kolkmannhaus und Schauspielhaus. Die Beseitigung der Wasserschäden hätten nur Priorität für das Gebäudemanagement, daher müssten einige andere geplante Projekte zurückgestellt werden.

Auch das Schwebebahngerüst gehört der Stadt. Die Wiederherstellung der Technik in der überfluteten Station Kluse wird mindestens 1,5 Millionen Euro kosten. „Die Haltestelle wird über Monate nicht zu benutzen sein“, sagt Slawig, zunächst waren die Stadtwerke von einigen Wochen ausgegangen. „Jeder Tag bringt neue Hyobsbotschaften.“