Nachwuchskünstler gehen auf Entdeckungsreise

Kunstpädagogin zeigt in der Stadthalle Barmen die Geheimnisse der Graffiti-Kunst.

Wuppertal. Fünf neun- bis elfjährige Mädchen begleiten Karla Spennrath durch die Barmer Kunsthalle. Sie sind auf Erkundungstour durch eine ungewohnte Welt. Zwischen Graffiti, die direkt auf die Wände gesprüht wurden, vorbei an einer überdimensional großen Gitarre bis zu der nachgebauten Schlafstätte eines Obdachlosen: die Neugierde der Kinder ist geweckt.

Plötzlich entdecken sie einen Mann, der reglos in einer Ecke des Raumes sitzt. Langsam gehen sie auf ihn zu und erkennen, dass der Mann, der mit seiner abgewetzten Kleidung ein wenig an einen Obdachlosen erinnert, kein Gesicht hat. „Gruselig, wenn man so jemandem auf der Straße begegnen würde“, flüstert eines der Mädchen. Spennrath, die als Kunstpädagogin die Führungen leitet, erklärt: „Der Künstler will mit der Figur für Menschen Aufmerksamkeit erregen, die sonst eher nicht beachtet werden.“

Und genau darum geht es bei der Kinderführung zu der „Street Art“-Ausstellung: einen Blick für die Umwelt entwickeln und die Bedeutung der Kunstwerke verstehen. Denn ob auf der Straße, an Hauswänden, in Tunneln oder entlang des Wupperufers — überall tummeln sich die Darstellungen von Graffitikünstlern. Doch sind es wirklich alles Künstler oder doch nur Sprayer, die Wände beschmieren? Und wer sagt überhaupt, dass es Kunst ist? Solchen Fragen gehen die kleinen Entdecker auf den Grund.

Spennrath stellt klar: „Die Graffiti-Künstler kritzeln nicht einfach etwas auf Wände, sondern sie wollen mit bunten Bildern verschönern.“ Das sei einer der Gründe, weshalb sie aus der Anonymität in die Kunsthalle geholt wurden. Zwischen den ganzen Fragen und Erklärungen dürfen die Kinder auch selbst malen. Besondere Aufmerksamkeit des Nachwuchses gilt daneben dem Wandbild des Künstlers Boxi. „Um ihre Arbeiten hier anzubringen, hatten die Künstler nur eine Woche Zeit,“ sagt Spennrath. Kaum zu glauben, dass Boxis graue Stadtlandschaft, die stark an das Atomunglück in Japan erinnert, so schnell entstanden ist. Und dann auch noch der lebensgroße Mann, der mit dem Rücken zum Betrachter steht und auf die Einöde blickt. „Da gibt es einen Trick“, verrät die Kunstpädagogin: „Der Künstler hat den Mann zum Schluss aufgesprüht. Mithilfe von Schablonen hat er dafür nur eine Stunde gebraucht.“ Diese Technik sei hilfreich, wenn es auf der Straße schnell gehen muss. Zum Abschluss gestalten die Kinder mit Hilfe eigens hergestellter Schablonen Bilder, die sie voller Stolz den Eltern präsentieren.