„Nicht alle mit einer Deutschlandfahne sind Nationalisten“
Experten und Fußballfans diskutierten unter dem Mott „Fußball ja, Nation nein?“ beim Asta der Bergischen Uni.
„Sonst bin ich nicht so der Fußballfan, aber bei der WM schalte ich ein“ - diesen oder einen ähnlichen Satz hört man derzeit oft, oder sagt ihn sogar selbst. Über den Stellenwert der Weltmeisterschaft in der Gesellschaft und das damit einhergehende Konfliktpotenzial diskutierten jetzt Experten und Fußballfans mit Studierenden beim Asta der Bergischen Universität Wuppertal.
Zu Gast waren Martin Winands von der Fachstelle „Fußball und Konflikt“ am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, der Co-Kapitän des WSV, Peter Schmetz, Sören Barth aus der Fanszene des WSV und Sebastian Schorre von der WSV-Vereinskommunikation. Hong Nhi Nguyen, Initiatorin der Podiumsdiskussion und Kulturreferentin am AStA, habe es selbst gemerkt: Obwohl sie sonst keinen Fußball verfolge, werde sie trotzdem ergriffen, sobald es um Länderspiele geht.
Es ist allseits bekannt - sobald die Europa- oder Weltmeisterschaft ansteht, hängen überall Fahnen aus den Fenstern, an gefühlt jedem zweiten Auto findet man hierzulande die schwarz-rot-goldenen Farben in irgendeiner Form und auch die Konzerne reagieren demensprechend - etwa mit einem Deutschland-Menü im Fastfoodrestaurant.
Aber geht es tatsächlich nur um die Weltmeisterschaft als Event oder kann die Euphorie über die Nationalmannschaft schnell in Nationalismus umschwenken? „Wir leben nun mal in einem Nationalstaatkonstrukt und da identifizieren Menschen sich gerne mit ihrer Nation, auch, weil sie sich gerne Gruppen anschließen“, so Winands.
Trotzdem solle man möglichst entspannt mit der Thematik umgehen. „Nicht alle, die mit einer Deutschlandfahne herumlaufen, sind Nationalisten.“ Peter Schmetz, der selbst vier Jahre in den USA Fußball gespielt und studiert hat, zog einen klaren Vergleich: „In Amerika wird vor jedem Spiel die Nationalhymne gespielt - egal ob Collegefußball oder Länderspiel. Die zelebrieren ihr Land viel stärker.“ Doch gerade in Deutschland, habe man aufgrund seiner Geschichte eine besondere Verantwortung dafür, dass das Zelebrieren der Nation nicht ausartet. „Problematisch wird es, wenn man sich selbst darüber definiert, in dem man andere abwertet“, sagte Winands darauf. Doch Studien hätten ergeben, dass während der Weltmeisterschaft sogar eine größere Akzeptanz gegenüber anderen Gruppen herrsche.
Ein Zuschauer sah dem ganzen jedoch eher besorgt entgegen. Man dürfe diesem „unverkrampften Patriotismus“ nicht entspannt zusehen und müsse die Thematik ernst nehmen. Was die meisten im Publikum überrascht haben dürfte: Fast alle Teilnehmer der Podiumsdiskussion erklärten, dass sie, wenn überhaupt, hauptsächlich Vereinsfußball schauten, wie WSV-Fan Barths etwa: „Man stößt auf Unverständnis bei den Bekannten, wenn man nicht an der WM interessiert ist.“