Nicht nur Hochkultur steigert Lebensqualität

Uli Kopka, Initiator des Bürgerbahnhofs, über die Schwierigkeiten ehrenamtlich geführter Institutionen.

Foto: S. Kopka

Als Erhard Ufermann Ende der 90er Jahre den Verein Bandfabrik in Langerfeld ins Leben rief, wollte er Kultur dahin bringen, wo die Menschen leben. Bereits Anfang der 80er Jahre wurden Bürger in Oberbarmen aktiv, um die Immanuelskirche vor dem drohenden Abriss zu bewahren und als Klangraum für Veranstaltungen zu etablieren. Und seit zehn Jahren setzt sich das Projekt Bürgerbahnhof in Vohwinkel für die Wiederbelebung des denkmalgeschützten Bahnhofs als Kulturort ein.

Alle drei Initiativen sind, abseits der kulturellen Hot-Spots der Innenstadt, bis heute aktiv und tragen dazu bei, den Zugang zum kulturellen Leben und Erleben im gesamten Stadtgebiet zu ermöglichen. Ihre Erfolgsbausteine sind und waren ein Quartier mit Defiziten im Freizeit- und Kulturangebot, Menschen, die Impulse setzen und Bürger ermutigen sich einzubringen, sowie besondere, emotional aufgeladene historische Immobilien, die auf eine neue Nutzung drängen. Gemein sind ihnen aber auch die bis heute sehr schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen ihres Engagements.

Heute gibt es so viele Kulturinitiativen, wie es überzählige Bahnhöfe, Fabriken und Läden gibt. Da finden kreative Köpfe zusammen, die mit Gleichgesinnten etwas anstoßen. Die sich um Erhalt und Weiterentwicklung der Qualität und Vielfalt des Kulturangebotes kümmern und nicht einfach Leerstand aufhübschen wollen. Einige davon sind ephemere Phänomene, die jedoch auch in ihrer Kurzlebigkeit für eine äußerst lebendige Szene sorgen.

Freie Kultur

Wuppertal

Doch auch die freien Kulturorte, die sich dank eines guten Konzepts, eines funktionierenden Teams und anhaltenden Interesses seitens ihrer Gäste, Nutzer und Förderer über Jahre halten können und damit kulturelle Infrastruktur schaffen und erhalten, geraten an ihre Grenzen.

Denn viele gesetzliche Regeln, die auf hauptamtlich geführte Einrichtungen oder Gewerbebetriebe zielen, machen ehrenamtlich geführten Institutionen das Leben schwer: Minijobregelung, Ehrenamtspauschale, Künstlersozialabgabe, Versicherungen, Bau- und Brandschutzbestimmungen, Gema-Gebühren, Lebensmittelverordnungen, neue Steuerrichtlinien, Beantragung und Abrechnung von Projektförderungen usw. erfordern ein Know-How und eine zeitliche Beanspruchung, die auf rein ehrenamtlicher Basis oft nicht mehr darstellbar ist.

Jetzt hat der Kulturausschuss der Stadt Wuppertal eine institutionelle Förderung für den Bürgerbahnhof und das Kulturzentrum Immanuel beschlossen. Die Maßnahme zielt auf die Stabilisierung fragiler Strukturen und stellt eine Wertschätzung von Kontinuität im Kulturbereich dar.

Vielleicht setzt das von Erhard Ufermann schon 2009 geforderte Umdenken ganz allmählich ein: „Die Stadt (muss begreifen), dass nicht nur Hochkultur die Lebensqualität steigert und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden ist, sondern auch die freie Szene sehr viel Potenzial bietet.“