Das Ende einer politischen Laufbahn

Kolumnist Uwe Becker über den Straßenwahlkampf für die Partei.

Foto: Joachim Schmitz

Heute wird Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt und tritt ihre vierte Amtszeit an. Die Bundestagswahl fand vor fast sechs Monaten statt, ich kann mich kaum noch daran erinnern. Wenn Wahlergebnisse auch ein Mindesthaltbarkeitsdatum wie unsere Lebensmittel hätten, dann würde man sich bei den Koalitionsverhandlungen bestimmt schneller einigen. Nun müffelt das Ergebnis vom 24. September schon ein bisschen, und man weiß nicht, ob es noch genießbar oder schon schwer gesundheitsgefährdend ist. Hoffen wir, dass die GroKo noch einen schmackhaften, politischen Eintopf hinbekommt, von dem wir alle satt werden und nach Verzehr gesund bleiben.

Begrabt mein

Herz in Wuppertal

Der heutige Tag lässt mich aber auch ein wenig wehmütig auf meine Karriere als Politiker zurück blicken. Im August 2004 bin ich der vom Europaabgeordneten Martin Sonneborn gegründeten Partei Die Partei (Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Eliteförderung und basisdemokratische Initiative) beigetreten. Der erste Landesverband wurde im Oktober des selben Jahres in Münster gegründet. Auf dem Parteitag wurde ich mit 100 Prozent der Stimmen in den Vorstand gewählt und übernahm das Amt des Schatzmeisters.

Am 22. Mai 2005 trat ich als Direktkandidat in Wuppertal für Die Partei bei der Landtagswahl an. Ich bekam mehr als 400 Stimmen und scheiterte nur denkbar knapp an der 1-Prozent-Marke.

Auch ohne finanzielle Mittel leistete ich einen leidenschaftlichen Straßenwahlkampf mit Schwerpunkt in Vohwinkel, der mich im Nachhinein immer noch ein wenig stolz macht. An den vier Samstagen vor der Wahl baute ich meinen kleinen Info-Stand direkt vor der Gaststätte „Locke“ auf. Der Wirt stellte einen Stehtisch auf den Bürgersteig und eine Nachbarin lieh mir zum Schutz gegen den bergischen Regen ihren Sonnenschirm vom Balkon, den ich sogar mit kleinen Partei-Aufklebern schmücken durfte.

Die Bundespartei versorgte mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Werbemitteln, bestehend aus zehn Kugelschreibern, 20 Fähnchen und 32 Luftballons mit dem Partei-Logo. Auch das Fernsehen berichtete über meinen Wahlkampf. Der Westdeutsche Rundfunk schickte Brigitte Büscher von Frank Plasbergs Polit-Talkshow „Hart aber fair“ auf die Kaiserstraße nach Vohwinkel. Die Journalistin überzeugte ich mit meinen politischen Statements: „Von meinen ersten Diäten, die ich als Landtagsabgeordneter bekomme, kaufe ich mir einen Flachbildschirm und gönne mir zum Frühstück jetzt öfter mal lecker teures Roastbeef, da ich ja jetzt nicht mehr so auf den Euro gucken muss.“

2009 trat ich dann auch als Direktkandidat für die Wahl zum Deutschen Bundestag an. Ich bin zwar weder Landtags- noch Bundesabgeordneter geworden, habe aber noch einige Jahre mein Amt als Schatzmeister im Landesverband Nordrhein-Westfalen mit viel Herzblut wahrgenommen.

Als ich von diesem Amt zurücktrat, übergab ich meinem Nachfolger eine Kasse mit zehn Euro - ein Konto hatten wir damals noch nicht. Es war die Großspende meiner Mutter. Hunderte von Parteimitgliedern jubelten mir zu und skandierten minutenlang „Mutter, Mutter, Mutter…“ Es war ein bewegender Moment zum Ende meiner politischen Laufbahn.