„Was man im und vom Leben gelernt hat, kann man doch für die Mitmenschen nutzbringend einsetzen“ ist das Motto von Norbert Müller, der in seinem neuesten Buch „Kein Rentner-Blues in Wuppertal“ veranschaulicht, dass das „Loch“, in das man beim Eintritt ins Rentner-Dasein angeblich fallen soll, in Wirklichkeit voller reizvoller, erfüllender Tätigkeiten ist beziehungsweise sein kann. Der auch von Müller befürchtete „Blues“ und die damit verbundenen Depressionen und Zweifel am Sinn seines „Rentner-Daseins“ haben ihn nie erfasst.
Müller (73) war und ist Mitglied des Verwaltungsrates beim WSV, Schöffe am Gericht, Prüfer an der IHK, Dozent in der Erwachsenenbildung, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht und nun auch Autor seines zweiten Buches, nachdem sein Erstlingswerk „Wohnungseigentümer – Freiwild für Verwalter“ vor dreieinhalb Jahren ein breites Echo und auch jetzt noch zustimmende Leserzuschriften zur Folge hatte.
Angesichts der vielen Tätigkeiten eher „Rentner-Stress in Wuppertal“? Norbert Müller schmunzelt: „Nein, all diese Tätigkeiten haben mich nie belastet, und wenn ich morgen wieder als Dozent in der Erwachsenenbildung vor meiner Klasse stehe, dann freue ich mich darauf“, erklärt der quicklebendige Senior, der aber auch auf 246 Seiten den Blick für die Anforderungen der Aufgaben öffnet, die an weiterer Aktivität Interessierte bei den unterschiedlichen Herausforderungen erwarten. Der aber auch zu der Erkenntnis gekommen ist, dass soziales Engagement durchaus gesundheitsfördernde Elemente hat.
„Ich sehe mich nicht als Schriftsteller, sondern eher als Berichterstatter“, so seine Selbsteinschätzung, die ihn allerdings nicht daran hindert, einige Ereignisse pointiert und mit bissiger Ironie höchst anschaulich zu schildern. So vornehmlich seine schmerzlichen Erinnerungen an seine Zeit als Verwaltungsratsmitglied beim WSV, wo ihm schnell klar geworden ist, dass ein Verein, vornehmlich im bezahlten Fußball, anders funktioniert als ein Wirtschaftsunternehmen. „Im März spätestens müssen die Verpflichtungen für die kommende Saison über die Bühne gehen, mit der Unsicherheit, ob die Neuverpflichtungen einschlagen und wie viele Zuschauer an den Kassen ihr Eintrittsgeld entrichten“, sind einige der Unwägbarkeiten, die zu beachten sind.
Müller schwärmt von
seiner Tätigkeit am Landgericht
Müllers WSV-Kapitel, das fast die Hälfte seines neuen Buches einnimmt, kennzeichnet seine Liebe zum WSV, weshalb er seine Ausführungen auch nicht als „Rache“ gegenüber einzelnen Handlungspersonen sieht (sie werden nicht namentlich genannt, sofern deren Aktivitäten nicht ohnehin durch Veröffentlichungen bekannt geworden sind).
Doch es gab und gibt weitaus fruchtbarere Erfahrungen als die mit Wuppertals einstigem Werbeträger WSV. Fast schwärmerisch spricht Norbert Müller von seiner Arbeit als ehrenamtlicher Schöffe am Landgericht Wuppertal. „Wenn die nicht automatisch mit 70 Jahren enden müsste, würde ich das heute noch machen“, so Müller, der vor allem beeindruckt war von der Zusammenarbeit eines Laienrichters mit den zuständigen Richterinnen und Richtern. „Mit Demut und Respekt denke ich an diese fünf Jahre zurück“, zeigt sich Müller immer noch tief davon beeindruckt, dass die Stimme des Schöffen bei der Urteilsfindung die gleiche Bedeutung hat wie das Votum des Richters, und dass die Vorsitzenden einen großen Aufwand betreiben, um den Menschen, Angeklagten wie auch den Geschädigten vor Gericht gerecht zu werden. „Jedes Urteil ist eine kleine Bachelor-Arbeit“, ist die Erkenntnis, die Müller gewonnen hat.
Nach wie vor gibt der gelernte Industriekaufmann, Handelsfachwirt an der Technischen Akademie Wuppertal, zum Marketing-Fachmann und Key Account Manager, als Experte für die Finanzierung für Industriegüter weitergebildet und qualifiziert, seine reichhaltigen Erfahrungen als Dozent in der Erwachsenenbildung im Fach Betriebswirtschaft weiter. „Das benötigt etwa zwei Tage in der Woche, hat also nichts mit Stress zu tun“, meint der rührige Senior gelassen. Und den zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit gefürchteten „Blues“ kennt Norbert Müller nur in der Theorie als Autor seines neuesten Werks.